Leitsatz (amtlich)
1. Auch unter der Geltung des Saarländischen Strafvollzugsgesetzes können Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, vom Einkauf ausgeschlossen werden.
2. Zum Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer solchen Entscheidung der Justizvollzugsanstalt (hier: betr. alkoholhaltiges Rasierwasser).
Normenkette
StVollzG §§ 119, 118, 116, 115 Abs. 5, 4, § 109; SLStVollzG § 53 Abs. 2; StVollzG § 22
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 05.02.2014; Aktenzeichen IV StVK 1487/13) |
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss der Strafvollstreckungskammer IV des Landgerichts Saarbrücken vom 5. Februar 2014 sowie der Bescheid der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken vom 15. November 2013 a u f g e h o b e n.
2. Die Justizvollzugsanstalt Saarbrücken wird verpflichtet, den Antragsteller hinsichtlich seines Antrags vom 8. November 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
3. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Antragsteller entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.
4. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 300,-- EUR.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit dem 26.11.2003 in der Justizvollzugsanstalt S. inhaftiert.
Nach vorangegangener Untersuchungshaft wird seit dem 12.01.2007 eine gegen ihn u. a. wegen Mordes verhängte lebenslange Freiheitsstrafe vollstreckt. Während der Zeit seiner Inhaftierung bezog der Antragsteller aus dem von der Justizvollzugsanstalt vermittelten Angebot Rasierwasser, bis dieses zu einem in dem angefochtenen Beschluss nicht näher mitgeteilten Zeitpunkt vom Einkauf ausgeschlossen wurde.
Mit an die Justizvollzugsanstalt S. gerichtetem Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 8. November 2013 beantragte der Antragsteller, ihm für seinen täglichen Gebrauch den Kauf von Rasierwasser, hilfsweise "einen Sonderkauf" zu gestatten. Diesen Antrag lehnte die Justizvollzugsanstalt mit Bescheid vom 15. November 2013 - eingegangen bei dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 21.11.2013 - mit folgender Begründung ab:
"Im Hinblick auf Ihre obige Anfrage teilen wir Ihnen mit, dass sowohl Parfüm als auch Rasierwasser aufgrund mehrerer Alkoholfunde und -missbräuche in letzter Zeit von der Einkaufsliste der Fa. Globus genommen wurden. Diese Anordnung erging seitens des Ministeriums der Justiz, Herrn Dr. Axmann, und gilt sowohl für die JVA S., als auch für die JVA O.
Die konkreten Hintergründe dieser Maßnahme werden für alle Inhaftierten durch einen entsprechenden Artikel in der nächsten ProReo-Ausgabe transparent gemacht.
Derzeit wird darüber hinaus geprüft, ob anstelle der weggefallenen Artikel beispielsweise alkoholfreie Hygieneartikel auf Wasserbasis o. ä. neu auf die Einkaufsliste genommen werden können.
Was den von Ihnen beantragten Sondereinkauf anbelangt, wurde Ihrem Mandanten auf dessen Schreiben an hiesigen Anstaltsleiter vom 03.11.2013 mit ähnlichem Anliegen am 12.11.2013 persönlich eröffnet, dass ein Sondereinkauf abgelehnt wird.
Es besteht nach Auskunft des Reviers bei Ihrem Mandanten hierfür keine medizinische Notwendigkeit, so dass von dem Grundsatz, dass keine Produkte zum Einkauf angeboten werden, die Alkohol enthalten, im vorliegenden Fall keine Ausnahme zu machen ist."
Mit seinem hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG vom 2. Dezember 2013 - eingegangen beim Landgericht Saarbrücken am selben Tag - hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers beantragt, "meinem Mandanten zu gestatten, sich bei seinem Einkauf auch Rasierwasser für den täglichen Gebrauch kaufen zu können, hilfsweise, ihm einen Sondereinkauf zu genehmigen, damit sich der Antragsteller Rasierwasser kaufen kann." Zur Begründung dieses Antrags hat er vorgetragen, dass - was die Justizvollzugsanstalt auch nicht in Abrede gestellt hat - der Antragsteller das Rasierwasser während der gesamten letzten 10 Jahre weder missbraucht noch dieses oder andere Gegenstände unerlaubt an andere Gefangene weitergegeben habe, er auch kein Alkoholproblem habe und er ohne die Verwendung von Rasierwasser nach der täglichen Rasur unangenehme sowie schmerzhafte Hautrötungen und Pusteln am Hals bekomme, so dass eine medizinische Notwendigkeit für die Verwendung von Rasierwasser bestehe.
Die Justizvollzugsanstalt hat diesen Antrag aus den Gründen ihres Bescheids vom 15. November 2013 als unbegründet erachtet und ergänzend vorgetragen, dass den Inhaftierten "aller Voraussicht nach" beim nächsten Einkauf über die Firma Globus das auf Wasserbasis hergestellte Produkt "Nivea Aftershave Balsam" zur Verfügung stehen werde, der Antragsteller sich im Falle der Notwendigkeit der Verwendung eines anderen Hygieneartikels an den medizinischen Dienst der Anstalt wenden könne, nach Auskunft der Anstaltsärztin gerade die auf Alkoholbasis hergestellten Hygieneartikel zu Hautrötungen/Hautreizungen führten und die vom Antragsteller geschilderten Einschränkungen "unumgänglich" seien...