Leitsatz (amtlich)

Eine Aussetzung nach § 149 ZPO scheidet aus, wenn die im Strafverfahren zu prüfende Straftat für die zivilrechtliche Beurteilung der Rechtslage ohne Bedeutung ist. Ist demgemäß die auf Rückzahlung eines Darlehens gerichtete Klage unter dem rechtlichen Aspekt der vertraglichen Haftung schlüssig, so ist es für die Beurteilung der zivilrechtlichen Frage ohne Relevanz, ob der Beklagte das Darlehen in strafbarer Weise erlangt hat.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 25.05.2010; Aktenzeichen 14 O 11/10)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Aussetzungsbeschluss des LG Saarbrücken vom 25.5.2010 (Az. 14 O 11/10) aufgehoben.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten mit der im Januar 2010 erhobenen Klage aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau auf Zahlung von rund 45.000 EUR in Anspruch. Mit weiterem Klageantrag begehrt er zudem die Feststellung, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Beklagten beruhe. Hintergrund ist ein im Juli 2005 zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau als Darlehensgeber und dem Beklagten als Darlehensnehmer geschlossener Darlehensvertrag über 40.000 EUR (Bl. 8 d.A.). Das Darlehen sollte eine Laufzeit von 24 Monaten haben, und die Darlehenssumme sollte am Ende der Laufzeit (zum 1.8.2007) bzw. vorher nach schriftlicher Kündigung mit vierzehntägiger Kündigungsfrist zzgl. Zinsen i.H.v. 6 % p.a. an die Darlehensgeber zurückgezahlt werden. Der Kläger und seine Ehefrau überwiesen vereinbarungsgemäß 40.000 EUR auf ein Konto des Beklagten (Bl. 10 d.A.).

Nachdem der Kläger einem Bericht der "... Zeitung" vom Juli 2007 entnommen hatte, dass der Beklagte "vermisst" sei (Bl. 12, 72 d.A.), forderte er ihn mit Anwaltsschreiben vom 18.7.2007 zur Rückzahlung auf (Bl. 13 d.A.). Das Schreiben konnte nicht zugestellt, der Aufenthaltsort des Beklagten nicht ermittelt werden (Bl. 4, 73 d.A.). Seit dem 27.7.2007 befand er sich in Untersuchungshaft (Bl. 25 d.A., Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken 36 Js 1433/07).

Der Kläger hält die Voraussetzungen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung durch eine vorsätzliche Verletzung eines "Anlagevertrags" für gegeben. Er behauptet, der Beklagte habe - wie in einer Vielzahl anderer Fälle auch - von Beginn an nicht die Absicht gehabt, das Geld zurückzuzahlen und sei stattdessen untergetaucht. Er habe Fremdgelder offensichtlich für eigene Zwecke ausgegeben oder zu spekulativen Geschäften eingesetzt. Für ihn und seine Ehefrau sei aber von größter Bedeutung gewesen und mit dem Beklagten auch so abgesprochen worden, dass das Geld nur für absolut sichere und seriöse Anlagegeschäfte eingesetzt würde (Bl. 80 d.A.). Der Kläger meint, der Beklagte sei ihm sowohl auf vertraglicher Grundlage als auch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung zum Schadensersatz verpflichtet (Bl. 6 d.A.).

Der Beklagte beruft sich darauf, dass das Darlehen zu dem Zeitpunkt, an welchen er nach dem Vortrag des Klägers nicht mehr auffindbar gewesen sein solle, noch gar nicht zur Rückzahlung fällig gewesen sei. Außerdem wendet er ein, bei Abschluss des Darlehensvertrages geschäftsunfähig gewesen zu sein. Nach dem Tod seines Vaters im Oktober 2004 sei eine schwerwiegende Anpassungsstörung mit reaktiver Depression eingetreten (Bl. 27 d.A.). Im Übrigen sei allein das Versprechen eines Garantiezinses von 6 % bei vernünftiger Betrachtung nicht nachvollziehbar und lege den Schluss auf eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit nahe. Er selbst sei aufgrund der Aktienempfehlungen des angeblichen "Börsenfachmannes M. F." in einer kostenpflichtigen E-Mail-Hotline davon ausgegangen, Anlagen in seriöser und sicherer Form zur Verfügung stellen zu können (Bl. 28 d.A.). Er meint, wegen Unwirksamkeit des Darlehensvertrags weder die Rückzahlung der Darlehenssumme noch Zinsen zu schulden (Bl. 29 d.A.). Der Beklagte weist darauf hin, dass das bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken anhängige Ermittlungsverfahren noch nicht zur Erhebung einer Anklage geführt habe und dass sich dort zeigen werde, ob sein Verhalten strafrechtlich überhaupt relevant sei. Die Investition von zur Verfügung gestelltem Kapital in letztlich zum Totalverlust führende Anlagen sei nicht per se kriminell oder unerlaubt. Der Beklagte behauptet, den ihm zur Verfügung gestellten Geldbetrag tatsächlich zum Ankauf von Wertpapieren und keineswegs zu eigenen Zwecken verwendet zu haben (Bl. 30/31 d.A.).

Nachdem der Beklagte - der für den Fall einer Rücknahme des Feststellungsantrags eine Anerkennung des Zahlungsanspruchs in Aussicht gestellt hat (Bl. 31 d.A.) - beantragt hatte, den Rechtsstreit bis zur Beendigung des Strafverfahrens auszusetzen, hat das LG vor Durchführung einer Güteverhandlung oder mündlichen Verhandlung mit Beschluss vom 6.5.2010 (Bl. 93 d.A.) mitgeteilt, es sei beabsichtigt, den Rechtsstreit im Hinblick auf das anhängige Strafverfahren (Staatsanwaltschaft Saarbrücken 33 Js ...

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