Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen, unter denen im Grundbuchverfahren die Vorlage eines Erbscheines verlangt werden kann.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird die Zwischenverfügung des Saarländischen Grundbuchamts vom 19.08.2019 aufgehoben.
Gründe
Die Beteiligten begehren die Eintragung eines Eigentumswechsels im Grundbuch.
Sie sind die Kinder der Eheleute R. G. und M. E. G.. Diese schlossen am 14.06.2004 einen Erbvertrag vor dem Notar ... pp. (Urkundenrolle Nummer ..., Bl. 14 d.A.), der unter Ziffer I. folgende Regelungen enthielt:
"Wir setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden zum Vorerben ein.
[...]
Zu Nacherben werden berufen - je zur Hälfte - unsere Kinder:
a) S. G., geboren am ...,
b) D. G., geboren am ...
[...]
Die Berufung zu Nacherben enthält gleichzeitig die Berufung zu Ersatzerben.
Der Nacherbfall tritt jeweils ein bei dem Tod des Vorerben. [...]"
Die Eheleute waren Eigentümer bzw. jeweils hälftige Miteigentümer folgender Grundstücke: Grundbuch von Hüttigweiler, Blatt ..., Flur ... Nrn. ..., ... und ...; Grundbuch von Marpingen, Blatt ..., Flur ..., Nrn..., ..., ..., ..., ...; Grundbuch von Hüttigweiler, Blatt ..., Flur ... Nr. ....
Der Vater der Beteiligten verstarb am 05.10.2018, die Mutter am 11.10.2018. Der Erbvertrag wurde am 31.10.2018 vom Amtsgericht St. Wendel eröffnet.
Am 12.12.2018 schlossen die beiden Beteiligten einen notariellen Auseinandersetzungs- und Übertragungsvertrag (Urkundenrolle Nr. ... des Notars ... pp.). Darin übertrugen sie die o.g. Grundstücke gegen Zahlung von 80.000 EUR auf den Beteiligten zu 2. Ferner erklärten sie die Auflassung und bevollmächtigten den Notar, die für den Vollzug der Urkunde erforderlichen Erklärungen zu fertigen und die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch zu bewilligen.
Mit Schreiben vom 16.07.2019 hat der Notar beim Amtsgericht Saarbrücken - Saarländisches Grundbuchamt - eine Erklärung zur Akte gereicht, mit der er für die Beteiligten die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch bewilligt und die Eintragung beantragt hat. Zugleich hat er beglaubigte Abschriften des notariellen Vertrags vom 12.12.2018 und der Niederschrift über die Eröffnung des Erbvertrags nach dem Tod beider Eheleute nebst der Erbvertragsurkunde vom 14.06.2004 zur Akte gereicht, außerdem eine Ausfertigung eines gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts St. Wendel vom 11.02.2019, der die beiden Beteiligten als Miterben zu je 1/2 nach dem Vater R. G. ausweist.
Mit Verfügung vom 24.07.2019 hat das Grundbuchamt den Notar gebeten, einen Erbschein nach der Mutter der Beteiligten zur Akte zu reichen, da der Erbvertrag keine Bestimmungen nach dem Längstlebenden treffe. Der Notar hat unter dem 01.08.2019 darauf aufmerksam gemacht, dass der vorgelegte Erbvertrag neben der Berufung der Beteiligten zu Nacherben gleichzeitig deren Berufung zu Ersatzerben enthalte und damit die Erbfolge auch nach dem Längstlebenden regele.
Unter dem 19.08.2019 hat das Grundbuchamt eine fristsetzende Zwischenverfügung erlassen, mit der es die Vorlage eines Erbscheins nach M. E. G. angefordert hat. Es ist bei seiner Einschätzung geblieben, der Erbvertrag regele lediglich die Erbfolge nach dem Erstversterbenden (hier des Vaters der Beteiligten).
Die beiden Beteiligten haben gegen die Zwischenverfügung, vertreten durch den Notar, Beschwerde erhoben. Sie meinen, durch den Erbvertrag sei die Erbfolge auch nach der Mutter nachgewiesen, und berufen sich auf die Ersatzerbenklausel.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 12.09.2019 dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die im Namen der Beteiligten vom Urkundsnotar eingelegte Beschwerde ist nach den §§ 71, 73 GBO zulässig (zum Recht des Notars, Beschwerde für die Antragsberechtigten einzulegen, Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, Teil I, Rdn. 189 und 499).
Die Beschwerde ist auch begründet.
Das Grundbuchamt verlangt zu Unrecht die Vorlage eines Erbscheins nach M. E. G.. Dass die Beteiligten deren Rechtsnachfolger geworden sind, ergibt sich aus dem vom Amtsgericht St. Wendel am 31.10.2018 eröffneten Erbvertrag vom 14.06.2004.
Der grundbuchmäßige Nachweis der Erbfolge kann nicht nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, z.B. in einem notariellen Erbvertrag, so genügt es, wenn die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Nur wenn das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen erachtet, kann es die Vorlage eines Erbscheins verlangen (§ 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GBO). Ob es das tut, steht nicht in seinem Belieben (OLG München, FamRZ 2016, 1400). Vielmehr ist es verpflichtet, die in einer öffentlichen Urkunde errichtete letztwillige Verfügung in eigener Verantwortung auszulegen, und zwar auch dann, wenn rechtlich schwierige Fragen zu beurteilen sind. Nur wenn Zweifel tatsächliche...