Verfahrensgang

AG St. Ingbert (Entscheidung vom 24.01.2018; Aktenzeichen 11 OWi 39052/17)

 

Tenor

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert vom 24. Januar 2018 wird kostenpflichtig als unbegründet

v e r w o r f e n.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der innerörtlichen Geschwindigkeit um 16 km/h eine Geldbuße in Höhe von 35,-- € festgesetzt. Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 17.04.2017, einem Ostermontag, zu einer nicht festgestellten Uhrzeit mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ... in Wadern-Nunkirchen die innerörtliche Saarbrücker Straße "in Höhe der Schule" in Fahrtrichtung Wadern mit einer Geschwindigkeit von 46 km/h (nach Toleranzabzug von 3 km/h), wobei dort durch Zeichen 274 (Nr. 49 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) die zulässige Höchstgeschwindigkeit zeitlich eingegrenzt durch Zusatzzeichen "Montag bis Freitag, 07.00 - 17.00 h" (§ 39 Abs. 3 StVO) auf 30 km/ beschränkt war.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit dem er geltend macht, die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung habe wegen des Zusatzzeichens und eines zudem angebrachten Schildes "Vorsicht Kinder" am Ostermontag nicht gegolten, und meint, die Rechtsbeschwerde sei zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zwar form- und fristgerecht eingelegt sowie, da er noch erkennen lässt, dass die Verletzung materiellen Rechts gerügt werden soll, form- und fristgerecht begründet worden (§§ 80 Abs. 3 S. 1 und 3, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 341, 344, 345 StPO). In der Sache bleibt er jedoch ohne Erfolg, da ein Zulassungsgrund nicht gegeben ist.

1. Wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG) ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde im vorliegenden Fall bereits gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ausgeschlossen, da lediglich eine Geldbuße von nicht mehr als 100,-- € verhängt worden ist.

2. Der Zulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) scheidet schon deshalb aus, weil er die Erhebung einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (i. V. mit § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG) entsprechenden Verfahrensrüge vorausgesetzt hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2017 - Ss RS 2/2017 (4/17 OWi) - m. w. N.; Göhler/Seitz/Bauer, OWiG, 17. Aufl. § 80 Rn. 16a, 16i; KK OWiG-Hadamitzky, 5. Aufl., § 80 Rn. 42).

3. Auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG) kommt nicht in Betracht, da der vorliegende Fall auf die erhobene Sachrüge hin beachtliche Rechtsfragen, die entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und als abstraktionsfähige (durch Aufstellen von abstrakt generellen Leitsätzen) Regeln von praktischer Bedeutung sind (vgl. Göhler/Seitz/Bauer, OWiG, 17. Aufl., § 80 Rn. 3), nicht aufwirft. Auch von dem Betroffenen werden solche nicht aufgezeigt. Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der Rechtsprechung vielmehr bereits ausgetragen.

Insbesondere ist - anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 22, 137, 140 f.; BGH NJW 1970, 2033) - in der obergerichtlichen Rechtsprechung - auch derjenigen des Senats - geklärt, wie eine durch Zusatzzeichen nach § 39 Abs. 3 StVO für bestimmte Wochentage (hier: Montag bis Freitag) und an diesen Tagen für bestimmte Uhrzeiten (hier: 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr) durch Zeichen 274 (Nr. 49 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auszulegen ist. Der Senat hat hierzu mit Beschluss vom 2. März 2018 (Az.: Ss RS 56/2017 (12/18 OWi)) Folgendes ausgeführt:

"Danach gilt die angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auch dann, wenn es sich bei dem betreffenden Wochentag um einen gesetzlicher Feiertag handelt und über dem Zeichen 274 das Zeichen 136 "Kinder" (Nr. 17 der Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 StVO) angebracht ist (vgl. für einen gleichgelagerten Fall: Brandenburgisches OLG NStZ-RR 2014, 26 f.). Denn Erwägungen zum Schutzzweck der Anordnung lassen bei Geschwindigkeitsbeschränkungen eine einschränkende, fallbezogene Auslegung nicht zu. Die Gegebenheiten des fließenden Verkehrs und die für die Verkehrsteilnehmer damit verbundenen Sorgfaltsanforderungen ermöglichen bei der Erfassung von Verkehrsregelungen nicht die Berücksichtigung regelungsspezifischer Besonderheiten, die in den durch Verkehrszeichen geregelten Anordnungen nicht unmittelbar und unmissverständlich zum Ausdruck kommen. Insbesondere darf es im Interesse der Verkehrssicherheit nicht dem einzelnen Verkehrsteilnehmer überlassen bleiben, nach einer differenzierten Betrachtung selbst zu beurteilen, ob die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung aufgrund der örtlichen Besonderheiten auch für gesetzliche Fei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge