Leitsatz (amtlich)
Das Verfahren nach § 109 ZPO dient dazu, den Sicherungsnehmer nach Beendigung des Schwebezustandes zur Rechtsfeststellung zu zwingen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 13.12.2011; Aktenzeichen 15 O 40/09) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss II des LG Saarbrücken vom 13.12.2011 - 15 O 40/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Der Gegenstandswert wird auf 4.307,20 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Durch Urt. v. 3.12.2010 - 15 O 40/09 - wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Mangelbeseitigungsvorschuss i.H.v. 50.000 EUR sowie weitere 1.000 EUR und 1.479,90 EUR außergerichtliche Kosten nebst Zinsen zu zahlen. Außerdem wurde festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren Schaden auszugleichen, der dieser durch die Herstellung eines Unterbogens bei den Kanalverlegungsarbeiten in der Heinestraße in S. noch entsteht. Der Beklagten wurden 83 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt und das Urteil wurde für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Die Beklagte erbrachte eine selbstschuldnerische Bürgschaft vom 20.1.2011 zur Abwendung der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO in Höhe der Hauptschuld von 52.479,90 EUR aus dem erstinstanzlichen Urteil und legte Berufung ein. Später einigten sich die Parteien darauf, die Mangelbeseitigungsarbeiten durch die Beklagte ausführen zu lassen. Dies geschah in der Zeit zwischen dem 21.6.2011 und 21.7.2011. Im Abnahmeprotokoll behielt sich die Klägerin Rechte wegen eines neuen Unterbogens bei Station 57 m vor (Bl. 384 d.A.). Die Beklagte erbrachte eine Gewährleistungsbürgschaft i.H.v. 2.182,55 EUR vom 1.9.2011 für die Nachbesserungsarbeiten.
Anschließend nahm die Beklagte die Berufung zurück. Durch Beschluss vom 10.11.2011 wurden der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Die Beklagte verlangte daraufhin die Bürgschaft vom 20.1.2011 von der Klägerin heraus. Die Klägerin weigerte sich, weil ihr noch Anwaltskosten i.H.v. 4.307,20 EUR gegen die Beklagte zustünden (0,3 Aufforderungsgebühr, 1,6 Geschäftsgebühr und 1,5 Einigungsgebühr), die durch die Bürgschaft gesichert seien.
Mit Schriftsatz vom 19.10.2011 (Bl. 375 d.A.) beantragte die Beklagte, der Klägerin eine angemessene Frist zur Einwilligung in die Rückgabe der Bürgschaft zu setzen. Durch Beschluss vom 24.10.2011 setzte das LG Saarbrücken der Klägerin eine Frist nach § 109 Abs. 1 ZPO von 2 Wochen (Bl. 398 d.A.). Durch Beschluss vom 22.11.2011 (Bl. 406 d.A.) verlängerte das LG diese Frist um 3 Wochen. Die Klägerin stellte zwar klar, dass sie aus der Bürgschaft lediglich noch Rechte i.H.v. 4.307,20 EUR herleiten werde, weigerte sich aber wegen dieser Ansprüche in das Erlöschen der Bürgschaft einzuwilligen. Eine Klageerhebung wegen der behaupteten Ansprüche wies sie dem LG gegenüber nicht nach. Durch Beschluss vom 13.12.2011 (Bl. 437 d.A.) ordnete das LG Saarbrücken das Erlöschen der Bürgschaft vom 20.1.2011 an. Gegen diesen, der Klägerin am 14.12.2011 zugestellten Beschluss hat diese am 22.12.2011 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Beklagte hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 31.1.2012 (Bl. 490 d.A.) hat das LG der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt (§§ 793, 567, 569 ZPO). Sie ist allerdings unbegründet. Im Ergebnis zu Recht, aber mit falscher Begründung, die die Systematik des Verfahrens nach § 109 ZPO zur Freigabe der Sicherheit verkennt, hat das LG das Erlöschen der Bürgschaft vom 20.1.2011 angeordnet, weil die Klägerin innerhalb der ihr nach § 109 ZPO gesetzten Frist keine Klageerhebung zur Klärung der ihr vermeintlich zustehenden Ansprüche nachgewiesen hat.
(1.) Das Verfahren nach § 109 ZPO stellt ein vereinfachtes Verfahren zur Beendigung des Sicherungsverhältnisses dar, in dem es nicht um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens materieller Ansprüche und die Frage, ob diese von der Sicherheit umfasst werden, geht, sondern vielmehr der durch die gestellte Sicherheit entstandene Schwebezustand beendet werden soll, wenn der Anlass für die Sicherheitsleistung weggefallen ist. Dann soll der Sicherungsnehmer zur Rechtsfeststellung "provoziert" werden (Pecher, WM 1986, 1513 (1515); Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 109 Rz. 1 und 12; OLG Stuttgart Rpfleger 2011, 40; OLG Stuttgart NJW-RR 1995, 1148).
Er muss deshalb, wenn er gesicherte Rechte zu haben glaubt, diese innerhalb der nach § 109 ZPO gesetzten Frist geltend machen und dies dem Gericht nachweisen. Versäumt er dies, erleidet er einen Verlust seiner Sicherheit.
Voraussetzung für die gerichtliche Fristsetzung nach § 109 ZPO ist das Wegfallen der Veranlassung der Sicherheitsleistung. Vor dem eben dargelegten Hintergrund geht es also darum, wann die gesicherte Prozesspartei veranlasst werden soll, das...