Leitsatz (amtlich)
Verlangt der Erbe des Versicherungsnehmers vom Bezugsberechtigten die Herausgabe der nach Eintritt des Versicherungsfalles ausgezahlten Versicherungsleistung, so hat er den fehlenden Rechtsgrund im Valutaverhältnis zu beweisen und hierzu eine vom Bezugsberechtigten behauptete Übermittlung der Schenkungsofferte durch den Versicherer zu widerlegen.
Normenkette
BGB §§ 516, 812 Abs. 1 S. 1; VVG § 159; ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 09.06.2021; Aktenzeichen 17 O 5/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9. Juni 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 17 O 5/20 - hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten abgeändert und im Übrigen klarstellend aufgehoben:
Die Klage wird abgewiesen
II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 45.454,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um das Schicksal der Todesfallleistung aus einem Lebensversicherungsvertrag. Der am 25. September 1998 geborene Kläger ist alleiniger Erbe des am 1. Februar 2019 verstorbenen Versicherungsnehmers, seines Vaters; die Beklagte ist seine Großmutter. Der Kläger steht unter gesetzlicher Betreuung seiner Mutter, die Ehe der Eltern ist geschieden worden. Am 12. Januar 2000 schloss der Versicherungsnehmer bei der C. eine Risikoversicherung (Versicherungsschein Nr. ..., Bl. 76 ff. GA), die Versicherungssumme im Todesfall betrug 150.000,- DM. Als Bezugsberechtigte benannte der Versicherungsnehmer zunächst seine damalige Ehefrau (Bl. 77 GA); mit Schreiben vom 4. Dezember 2008 widerrief er die Bezugsberechtigung und setzte nunmehr die Beklagte als seine Bezugsberechtigte ein, der Versicherer bestätigte diese Änderung mit Nachtrag vom 18. Dezember 2008 (Bl. 79, 80 GA). Zuletzt waren die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Besicherung einer Darlehensforderung an die Kreissparkasse S. abgetreten.
Nach dem Tode des Versicherungsnehmers kam es zu Schriftverkehr zwischen dem späteren Prozessbevollmächtigten der Beklagten und dem Versicherer. Mit Telefax vom 12. März 2019 (Bl. 52 GA) machte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten unter Übersendung einer Sterbeurkunde für diese die Ansprüche aus dem Bezugsrecht geltend und bat im Hinblick auf die Abtretung an die Kreissparkasse um Mitteilung des weiteren Verfahrens. Mit Antwortschreiben vom 13. März 2019 (Bl. 53 GA) teilte der Versicherer ihm mit, dass die Kreissparkasse um Mitteilung der Forderungshöhe, der Bankverbindung und um Übersendung des Original-Versicherungsscheines gebeten worden sei; weiterhin heißt es:
"Sollte die Forderungshöhe der Kreissparkasse S. unter der Versicherungsleistung liegen, wird die Differenz an Frau B. ausgezahlt.
Hierzu baten wir Frau M. im Telefonat vom 12. Februar 2019 um Einreichung einer Kopie der Sterbeurkunde, die Angabe ihrer Bankverbindung und eine Kopie des Personalausweises.
Gerne können Sie uns diese Unterlagen (ausgenommen die bereits eingereichte Kopie der Sterbeurkunde) vorab zukommen lassen.
Sobald uns diese Auskünfte der Kreissparkasse S. vorliegen, werden wir den Vorgang weiterbearbeiten."
In zwei Schreiben an den Versicherer sowie an die Beklagte vom 15. März 2019 erklärte die Mutter des Klägers in dessen Namen jeweils den Widerruf der Bezugsberechtigung bzw. des darin enthaltenen Schenkungsangebotes des Erblassers (Bl. 31, 32 f. GA). In seinem Antwortschreiben vom 20. März 2019 wies der Versicherer darauf hin, dass er sich bereits vor Erhalt des Widerrufes mit der bezugsberechtigten Person in Verbindung gesetzt habe, das Bezugsrecht mit dem Tode nicht mehr widerrufen werden könne und er im Deckungsverhältnis gehalten sei, die Versicherungsleistung an die Bezugsberechtigte auszukehren. In der Folge zahlte er einen Betrag in Höhe von 23.436,47 Euro an die Kreissparkasse S., die der Mutter des Klägers den Zahlungseingang zur Ablösung des Darlehens Nr. xxx mit Schreiben vom 23. April 2019 bestätigte (Bl. 81 GA). Die verbleibende Versicherungssumme in Höhe von 52.563,53 Euro wurde an die Beklagte ausgezahlt.
Der Kläger hat Klage auf Auszahlung dieses Betrages erhoben und - soweit für das Berufungsverfahren erheblich - die Auffassung vertreten, durch den Widerruf des Schenkungsangebotes vor der Auszahlung der Versicherungssumme an die Beklagte habe keine wirksame Schenkung mehr durch konkludente Auszahlung der Versicherungssumme zustande kommen können. Zuvor sei eine Schenkung nicht zustande gekommen, da diese der notariellen Beurkundung bedurft hätte. Das Formerfordernis könne nur dadurch geheilt werden, dass die Versicherungssumme ausgezahlt werde. Hier sei allerdings zuvor ...