Leitsatz (amtlich)
Zur irreführenden Werbung mit als "neu" angebotenen Kugellagern, die tatsächlich vor mehr als 20 Jahren hergestellt und zwischenzeitlich unter unbekannten Bedingungen gelagert wurden.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 19.12.2012; Aktenzeichen 7 O 127/12) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.12.2012 verkündete Urteil des LG Saarbrücken, 7 O 127/12, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, begehrt die Unterlassung von aus ihrer Sicht irreführender Verkaufspraktiken der Beklagten.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, welches sich mit der Veräußerung von Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge befasst. Sie stellte im August 2011 auf der Internetplattform eBay ein FAG Radlager für die Pkw Nissan Terrano II 4 WD und Ford Maverick ein. Dieses ist u.a. wie folgt bezeichnet:
"Artikelzustand: Neu"
Ferner ist ein Foto samt Verpackung zu sehen. Die Verpackung stammt aus der Zeit vor 1990. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Bl. 8 -11 d.A. Bezug genommen.
Im November 2011 stellte die Beklagte bei eBay ein FAG Radlager für die Pkw Nissan Patrol, Baujahr 1979 bis 1990 und Station Wagon ein. Bei dem Artikelzustand ist ebenfalls "neu" angegeben. Zudem ist eine Verpackung zu sehen, die wiederrum aus der Zeit vor 1990 stammt. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf Bl. 12 - 16 d.A. Bezug genommen.
Beide Kugellager sind weder mit einem Produktions- noch mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen. Derartige Wälzlager werden auch für alte Fahrzeuge noch nach dem Stand der heutigen Technik produziert.
Die Klägerin hat behauptet, die sichere Verwendung der Radlager sei nicht mehr gewährleistet. Derartige Lager verharzten im Laufe der Zeit auch bei ordnungsgemäßer Lagerung und korrodierten. Sie war der Ansicht, die Beklagte täusche über die Zwecktauglichkeit und die Einsatzfähigkeit. Kein Kunde rechne bei Neuware mit einem derart lange zurückliegenden Produktionszeitpunkt.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Kugellager als "neu" zu bewerben und/oder zum Verkauf anzubieten, sofern diese Produkte älter als 5 Jahre sind;
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Wälzlager für Kraftfahrzeuge als "neu" zu bewerben und/oder zum Verkauf anzubieten, sofern diese Produkte älter als 5 Jahre sind;
2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zu Ziff. 1. der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, an ihrem Geschäftsführer zu vollziehende Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 219,35 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Zustellung dieser Klage zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte war der Ansicht, der Anspruch der Klägerin sei verjährt und es fehle an einem wirksamen Abmahnschreiben. Sie hat bestritten, dass eine längere Lagerung als fünf Jahre zu einer Funktionsbeeinträchtigung von allen Arten von Kugellagern führe. Die Klägerin trage nicht vor, die verkaufte Ware sei älter als 22 Jahre, sondern lediglich, dass ein veraltetes Produktfoto verwendet worden sei. Da die Pkw Ford Maverick und Nissan Terrano II erst seit dem Jahr 1993 verkauft würden, könnten Wälzlager für diese Fahrzeuge maximal 19 Jahre alt sein.
Mit am 19.12.2012 verkündetem und mit Beschluss vom 27.12.2013 berichtigten Urteil, auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG Saarbrücken die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Wälzlager für Kraftfahrzeuge als "neu" zu bewerben und/oder zum Verkauf anzubieten, sofern diese Produkte älter als fünf Jahre sind und den Klageantrag zu 1. im Übrigen abgewiesen.
Gegen dieses ihr am 20.12.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am Montag, den 21.1.2013 bei Gericht eingereichtem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 18.2.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, das LG habe fehlerhafterweise unterstellt, die Beklagte habe streitgegenständliche Kugellager mit einem Alter von mehr als fünf Jahren verkauft. Dies habe die Klägerin nie vorgetragen, sondern lediglich die Vermutung geäußert, das Angebot der Beklagten entspreche den abgebildeten Produktverpackungen. Die Klägerin müsse jedoch beweisen, dass die verkauften Kugellager älter als fünf Jahre seien.
Da die Hersteller kein Haltbarkeitsdatum angeben, gebe es keine Höchsthaltbarkeit von Kugellagern.
Das erstinstanzliche Urteil enthalte fehlerhafte Tatsachenfeststellungen zur Lagerfähigkeit von Kugellagern. Es seien nur Ausführ...