Leitsatz (amtlich)
Nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht für einen Ehegatten im Zweifel kein Anlass mehr, dem anderen weitere Vermögensmehrungen zukommen zu lassen, so dass spätestens ab diesem Zeitpunkt der aus § 426 BGB Abs. 1 BGB resultierende Ausgleichsanspruch wieder auflebt. Diesem Anspruch kann auch rückwirkend der Einwand der entgeltfreien Nutzung entgegengehalten werden.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 15.09.2009; Aktenzeichen 6O 35/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.9.2009 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken - 6 O 35/09 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I. Die 1981 geschlossene Ehe der Parteien, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind, ist durch Urteil des AG - Familiengericht - in Rheinberg vom 1.7.2005 - 7 F 369/03 - seit (richtig:) 14.8.2005 rechtskräftig geschieden.
Die Parteien bewohnten zusammen mit der am. November 1997 geborenen Tochter L. ein in ihrem Miteigentum stehendes, kreditfinanziertes Wohnanwesen in. Der Beklagte hat die eheliche Wohnung mit seinem Auszug am 18.1.2003 endgültig verlassen. Die Finanzierungslasten waren während des Zusammenlebens gemeinsam getragen worden. Zwischen Februar 2003 und März 2004 zahlte die Klägerin die Hausschulden alleine, insgesamt (9.511,33 EUR + Sondertilgung: 1.041,42 EUR =) 10.552,75 EUR. Ende März 2004 zog sie ebenfalls aus dem - nachfolgend veräußerten - Anwesen aus, in dem nach dem Auszug des Beklagten vorübergehend eine Bekannte der Klägerin mit gewohnt hatte. Der Beklagte zahlte auf die Zins- und Tilgungsraten für das Anwesen am 27.4.2004 357 EUR sowie am 26.5.2004 und am 29.6.2004 jeweils 359 EUR.
Mit ihrer am 4.5.2005 eingegangenen Klage hat die Klägerin den Beklagten vor dem LG in Saarbrücken auf hälftigen Ausgleich des von ihr für die Zeit von Februar 2003 bis März 2004 errechneten Betrages in Anspruch genommen. Die Parteien haben erstinstanzlich im Wesentlichen darüber gestritten, ob und ggf. in welcher Höhe der Beklagte dem Ausgleichsverlangen einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung entgegen halten kann. Weiterhin hat der Beklagte Gegenansprüche gegen die Klägerin - u.a. auf Trennungsunterhalt - zur Aufrechnung gestellt. Die Klägerin hat dem ihrerseits einen Anspruch auf Beteiligung an der dem Beklagten zugeflossenen Steuererstattung für 2003 entgegen gehalten. Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.272,78 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 29.1.2005 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG - nach Beweisaufnahme über die Höhe des Nutzungswertes des Anwesens - den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 267 EUR nebst Zinsen seit dem 29.1.2005 zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen die Teilabweisung der Klage richtet sich die Berufung der Klägerin. Mit dem Rechtsmittel wendet sie sich gegen die Kürzung des Ausgleichsanspruches auf Grund der vom Beklagten beanspruchten Nutzungsentschädigung. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, über den zuerkannten Betrag i.H.v. 267 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.1.2005 hinaus weitere 5.005,78 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.1.2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt - soweit ihm günstig - das angefochtene Urteil. Weiter verweist er u.a. erneut auf seine Aufrechnung mit einem Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe mindestens der beanspruchten Nutzungsentschädigung.
Die beigezogenen Akten des Scheidungsverfahrens der Parteien vor dem AG - Familiengericht - in Rheinberg - 7 F 369/03 - waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
II. Gemäß Art. 111 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (FGG-Reformgesetz - FGG-RG; BGBl. 2008 I, S. 2585) finden im vorliegenden Rechtsstreit die vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache können die Berufungsangriffe dem Rechtsmittel jedoch nicht zum Erfolg verhelfen. Das angefochtene Urteil lässt weder einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen, noch rechtfertigen die vom Senat zugrunde zu legenden Tatsachen eine ihr günstigere Entscheidung (§§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 ZPO).
Im tatsächlichen und rechtlichen Ausgangspunkt unangegriffen hat das LG einen Ausgleichsanspruch der Klägerin auf hälftige Erstattung der von ihr im Zeitraum von Februar 2003 bis März 2004 erbrachten Zahlungen auf die gemeinsamen Immobiliarverbindlichkeiten in unstreitiger Höhe aus § 426 Abs. 1 BGB, daneben aus §§ 748, 755 BGB entnommen. Ausgleichsansprüche wegen gezahlter Zins- und Tilgungsraten auf die Darlehen kommen in Betrach...