Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen sich die Berufung auf den vertraglichen Ausschluss der Abänderbarkeit einer Unterhaltsvereinbarung als unzulässige Rechtsausübung darstellt.

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Urteil vom 04.02.2003; Aktenzeichen 39 F 291/02)

 

Tenor

Die Berufung gegen das am 4.2.2003 verkündete Urteil des AG – FamG – in Saarbrücken – 39 F 291/02 UE – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der am 9.4.1946 geborene, 57 Jahre alte Kläger und die am 28.4.1948 geborene, 55 Jahre alte Beklagte haben am 27.4.1978 die – kinderlos gebliebene – Ehe geschlossen. Der Kläger hat am 29.9.1985 einen auf Dauer angelegten beruflich bedingten Auslandsaufenthalt in Peking angetreten. Seit diesem Zeitpunkt haben die Parteien getrennt gelebt.

Die Beklagte hat mit Eingang im Februar 1988 beim AG – FamG – in München – 871 F 568/88 – auf Ehescheidung angetragen. In der mündlichen Verhandlung vor dem FamG vom 28.4.1988 – der Kläger war für eine Woche aus Peking angereist – haben die im Termin anwesenden und anwaltlich vertretenen Parteien auf der Grundlage einer privatschriftlichen Scheidungsvereinbarung vom gleichen Tage einen gerichtlichen Unterhaltsvergleich geschlossen, worin der Kläger sich (Ziff. 1) zur Zahlung monatlichen „Ehegattenunterhalts” i.H.v. 1.200 DM – gekoppelt an den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Lebenshaltungsindex einer 4-Personen-Arbeitnehmerfamilie mit mittlerem Einkommen (Ziff. 2) – an die Beklagte verpflichtet hat. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Klägers hat zum damaligen Zeitpunkt rund 7.000 DM betragen. Die Beklagte hat bei einem Verlag monatlich 2.200 DM verdient. In Ziff. 3) haben die Parteien weiter folgendes vereinbart:

„Herr F. verzichtet auf jegliche Möglichkeit des Ausschlusses oder der Abänderung des Unterhaltsanspruches von Frau F. nach § 323 ZPO. Eine Ausnahme hiervon bildet lediglich die unter Ziff. 2 festgelegte Änderung nach dem Lebenshaltungskostenindex.”

Das FamG hat den Versorgungsausgleich abgetrennt und die Ehe durch Urteil vom gleichen Tage – 871 F 568/88 – rechtskräftig geschieden.

Der Kläger ist seit 1992 wieder verheiratet. Aus der Ehe ist eine derzeit etwa zehn Jahre alte Tochter hervorgegangen. Im Oktober 2001 ist er – nach rund 16 Jahren Auslandsaufenthalt in Peking – dauerhaft nach M. zurückgekehrt. Sein derzeitiges monatliches Nettoeinkommen gibt er mit 3.973 Euro an. Die Beklagte ist seit August 2002 nur noch halbtags berufstätig. Die monatliche Unterhaltszahlung des Klägers hat zuletzt (1.450 DM =) 741,37 Euro betragen.

Mit seiner am 14.6.2002 beim AG – FamG – in München eingegangenen, der Beklagten am 1.8.2002 zugestellten Klage hat der Kläger die Abänderung des Vergleiches dahin begehrt, dass er nicht mehr verpflichtet ist, der Beklagten Unterhalt zu bezahlen. Die Beklagte hat erstinstanzlich auf Klageabweisung angetragen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das AG – FamG – in Saarbrücken, an das die Sache auf Antrag des Klägers mit Verfügung vom 16.7.2002 zuständigkeitshalber abgegeben worden ist, die Klage abgewiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren – mit der Maßgabe, dass die Abänderung ab Rechtshängigkeit begehrt wird – weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, insb. fristgerecht (§ 517 ZPO) eingelegt, weil die Berufungsschrift am 12.3.2003 fristwahrend – das angefochtene Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach dem bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnis am 12.2.2003 zugestellt worden – per Telefax beim Saarländischen OLG eingegangen ist. Die Postulationsfähigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers nach § 78 Abs. 1 S. 2 ZPO liegt ebenfalls vor.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Denn die – zulässige – Abänderungsklage ist nicht begründet.

Die Abänderung eines Prozessvergleiches erfolgt nicht nach Maßgabe des § 323 Abs. 1 ZPO, sondern nach § 313 BGB bzw. den aus § 242 BGB a.F. abgeleiteten Grundsätzen über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGH v. 3.5.2001 – XII ZR 62/99, MDR 2001, 993 = BGHReport 2001, 695 = FamRZ 2001, 1140 m.w.N.). Danach kann eine Anpassung verlangt werden, wenn sich die für den Vergleichsabschluss maßgeblichen Verhältnisse so wesentlich geändert haben, dass es der betreffenden Partei nach Treu und Glauben nicht länger zugemutet werden kann, an dem Vergleich festgehalten zu werden. Ob eine solche Änderung eingetreten ist, richtet sich nach dem Parteiwillen als dem Geltungsgrund des Vergleichs; ist in den danach maßgebenden Verhältnissen seit Abschluss des Vergleichs eine Änderung eingetreten, so muss die gebotene Anpassung der getroffenen Regelung an die veränderten Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entspr. Grundlagen erfolgen (BGH v. 3.5.2001 – XII ZR...

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