Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 16 O 41/13) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 04.02.2015 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 16 O 41/13 - werden zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 98,4 % und die Beklagte 1,6 %.
III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Gegenseite leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagte als Trägerin des Knappschaftskrankenhauses unter dem rechtlichen Aspekt der Arzthaftung auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz sowie auf Feststellung ihrer Einstandspflicht für Zukunftsschäden in Anspruch.
Während eines stationären Aufenthalts des Klägers vom 14.06.2010 bis 16.06.2010 in der Klinik der Beklagten wurde eine distale Radiusfraktur linksseitig operativ versorgt. Im Rahmen der ambulanten Nachsorge wurde am 17.08.2010 der Verdacht auf ein Sudeck-Syndrom gestellt. Danach stellte sich der Kläger nicht mehr in der Klinik vor.
Der Kläger hat die Behandlung im Hause der Beklagten insbesondere im Rahmen der ambulanten Nachsorge für die Entstehung des Morbus Sudeck verantwortlich gemacht, weil auf die von ihm geschilderten Beschwerden nicht die erforderlichen diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen ergriffen worden seien.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat den Standpunkt vertreten, die Behandlung sei lege artis erfolgt. Vor dem 17.08.2010 habe es keine Anzeichen für eine Morbus Sudeck-Erkrankung gegeben.
Durch das angefochtene Urteil vom 04.02.2015 (GA 127 ff.), auf dessen tatsächliche Feststellungen vollumfänglich gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das sachverständig beratene Landgericht die Beklagte wegen einer unzureichenden analgetischen Abschirmung des Klägers für den Zeitraum von ca. 1 Monat zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 500 EUR sowie hieraus entstandener vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen, weil für die Morbus Sudeck Erkrankung ursächliche Behandlungsfehler nicht belegt seien.
Gegen dieses Urteil haben der Kläger Berufung und die Beklagte Anschlussberufung eingelegt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, soweit sie erstinstanzlich erfolglos geblieben sind.
Das Landgericht habe es in Bezug auf die Ursächlichkeit der Operation für das Auftreten des Morbus Sudeck unterlassen, die Widersprüche zwischen dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen, wonach die Fraktur als solche ursächlich sei, und seinen mündlichen Angaben, wonach der Morbus Sudeck durch eine Operation entstehen könne, aufzuklären. Denn danach sei gerade nicht ausgeschlossen, dass die Morbus Sudeck Erkrankung auf die durchgeführte Operation zurückzuführen sei.
Rechtsfehlerhaft sei das Landgericht auch von einem Diagnosefehler nach dem 19.07.2010 ausgegangen, weil die behandelnden Ärzte die Entwicklung eines Morbus Sudeck nicht in ihre differentialtherapeutischen Überlegungen einbezogen hätten. Tatsächlich handele es sich aber, da eine Diagnose gar nicht vorlag, um einen Befunderhebungsfehler, der zu Beweiserleichterungen zu Gunsten des Klägers führe. Es seien auch therapeutisch notwendige Maßnahmen nicht ergriffen worden, weshalb das Landgericht zu Unrecht von einem "richtigen Behandlungsregime" ausgehe. Schließlich habe das Landgericht seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO und den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs sowie den Anspruch auf Waffengleichheit verletzt.
Der Kläger beantragt (GA 173, 174, 207),
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 04.02.2015 - 16 O 41/13 -
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes weiteres Schmerzensgeld - mindestens 19.500 EUR - nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 09.05.2011 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.945,65 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 09.05.2011 zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden, die in Zukunft aufgrund der Fehlbehandlung entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozial-, Krankenversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Beklagte beantragt (GA 185, 208),
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen;
2. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 04.02.2015 - 16 O 41/13 - die Klage insgesamt abzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit ihr günstig, unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens. Der Kläger habe, selbst wenn man davon ausginge, dass die Operation eine mögliche Ursache für den Morbus Sudeck sein könnte,...