Leitsatz (amtlich)
Ein Mietvertrag, der von dem Bürgermeister einer Gemeinde als dem sowohl nach außen zur Vertretung der Gemeinde berechtigten als auch intern für die Willensbildung zuständigen Organ unter Beifügung seiner Amtsbezeichnung unterzeichnet wurde, ist auch dann wirksam, wenn es an der nach der Gemeindeordnung (hier: § 62 Abs. 1 KSVG) erforderlichen Beifügung des Dienstsiegels fehlt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 27.04.2010; Aktenzeichen 6 O 81/09) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.4.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken, 6 O 81/09, wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn der Kläger und sein Streithelfer leisten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die beklagte Gemeinde auf Zahlung rückständiger Mieten in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass ein zwischen den Parteien bestehendes Mietverhältnis nicht durch eine von der Beklagten ausgesprochene Kündigung beendet worden ist. Die Beklagte macht widerklagend die teilweise Erstattung bereits gezahlter Mieten geltend. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit schriftlichem Mietvertrag vom 14.6.1993 (GA 29 ff.) mietete die Beklagte von dem Kläger eine in dessen Anwesen in der S. Straße der beklagten Gemeinde gelegene Wohnung. Nach und nach mietete die Beklagte von dem Kläger - wie bereits in dem schriftlichen Mietvertrag vorgesehen - sämtliche sich in dem Anwesen befindenden Wohnungen (insgesamt 10) nach deren jeweiliger Fertigstellung an. Die Anmietung der Wohnungen diente der Unterbringung von Asylbewerbern und Zuwanderern, die der Beklagten von der Zentralen Ausländerbehörde des Saarlandes zugewiesen wurden.
Am 6.3.2001 schlossen die Parteien über den Mietgegenstand einen neuen, von Mitarbeitern der Beklagten gefertigten Mietvertrag (GA 25 ff.). Dieser Mietvertrag wurde sowohl von dem Kläger als auch von dem damaligen Bürgermeister der Beklagten, dem jetzigen Streithelfer des Klägers, unter Beifügung seiner Amtsbezeichnung, nicht aber eines Dienstsiegels unterzeichnet. In § 1 des Mietvertrags heißt es, dass auf dem genannten Grundstück jeweils 5 Wohnungen im Vorderhaus und Hinterhaus "mit insgesamt 930 qm" vermietet werden, wobei diese Flächenangabe ebenfalls von Mitarbeitern der Beklagten aufgrund einer von diesen durchgeführten Berechnung stammt. Tatsächlich betrug die Gesamtwohnfläche - wie sich bei einer von der Beklagten im Dezember 2005 durchgeführten Messung herausstellte - lediglich 747 qm. Nach § 2 des Mietvertrags beginnt das Mietverhältnis am 1.1.2002 und wird auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Die Miete ist nach § 6 des Mietvertrags bis zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus zu zahlen. § 7 des Mietvertrags enthält eine Staffelmietvereinbarung, nach der sich die monatliche Gesamtmiete im hier in Rede stehenden Zeitraum wie folgt belief:
2006: 11.868 DM (= 6.068 EUR)
2007: 12.461 DM (= 6.371,21 EUR)
2008: 13.084 DM (= 6.689,74 EUR)
2009: 13.738 DM (= 7.024,13 EUR)
Bis ins Jahr 2006 hinein wurde der Mietvertrag von beiden Parteien beanstandungslos erfüllt. Nachdem im Jahr 2004 das Sozialamt der Beklagten aufgelöst worden war und sich abzeichnete, dass der damalige Stadtverband, zu dem die Beklagte gehörte, als örtlicher Träger der Sozialhilfe die Kosten der Unterbringung der Asylbewerber und Zuwanderer nicht mehr - wie bisher - in voller Höhe erstatten würde, und zudem der Bedarf der Beklagten an Wohnraum für Asylbewerber und Zuwanderer gesunken war, suchte die Beklagte nach einer Möglichkeit, ihre Mietlast zu reduzieren. Die Parteien führten daher Besprechungen über eine Änderung des Mietvertrags. Unter anderem fand am 30.5.2006 ein Besprechungstermin statt, an dem neben dem Kläger und dem jetzigen Bürgermeister der Beklagten auch die Zeugen L. und P. teilnahmen. Ein von der Beklagten vorbereiteter, auf den 6.6.2006 datierter "Änderungsvertrag" (GA 72) wurde nicht unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 28.5.2008 (GA 23) kündigte die Beklagte "rein vorsorglich unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist den Mietvertrag vom 14.6.1993 inklusive der in dem zurückliegenden Zeitraum erfolgten Vertragserweiterungen und -ergänzungen zum nächstmöglichen Termin 31.12.2008." Dabei machte sie sich die Auffassung des von dem Kläger vormals beauftragten Rechtsanwalts L. in dessen Schreiben vom 25.6.2007 (GA 20) zu Eigen, der Mietvertrag vom 6.3.2001 (bei dem in dem Kündigungsschreiben vom 28.5.2008 genannten Datum "25.3.2001" handelt es sich um ein offensichtliches Versehen) sei wegen eines Formfehlers (Fehlen des Gemeindesiegels) unwirksam.
Mit seiner Klage hat der Kläger - neben der begehrten Feststellung des Fortbestands des M...