Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltshonorar: Zur Auslegung einer schriftlichen Honorarvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Eine Honorarvereinbarung verstößt gegen das Schriftformerfordernis des § 3 Abs. 1 S. 1 BRAO, wenn wesentliche Teile der Vereinbarung (im Fall: die Frage, ob geleistete Vorschüsse oder ein von dritter Seite gezahltes Honorar, auf das Pauschalhonorar angerechnet werden soll) in der Urkunde nicht enthalten sind.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 04.07.2005; Aktenzeichen 9 O 244/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das am 4.7.2005 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken - 9 O 244/04 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten (wegen der Kosten) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Kläger werden auf jeweils 58.000 EUR festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Kläger, bei denen es sich um Mitglieder einer Anwaltssozietät handelt, nehmen die Beklagte, eine frühere Mandantin, aufgrund einer schriftlichen Honorarvereinbarung auf Zahlung in Anspruch. Dem liegt im Einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 8.1.1997 verstarb der Ehemann der Beklagten, Herr H.H., in der ...-klinik H. Vor der Noteinlieferung in die ...-klinik, die am 23.12.2003 erfolgte, wurde Herr H. in der Medizinischen Hochschule H2 behandelt. Nach einer Obduktion ging die Beklagte davon aus, dass ihr Ehemann durch Fehlleistungen der erstbehandelnden Ärzte der Medizinischen Hochschule H2 zu Tode gekommen war. Die Beklagte beauftragte daraufhin durch Vermittlung ihres Bruders die Kläger mit der Wahrnehmung ihrer Interessen sowie derjenigen, der am 20.3.1993 geborenen Tochter C.H.
Einem Rat des Klägers zu 1) folgend, der das Mandat betreute, rief die Beklagte die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der n. Ärztekammer, H2, an.
Die Beklagte leistete auf Anforderung der Kläger Vorschusszahlungen von 511,29 EUR (1.000 DM) und 3.000 EUR; insgesamt also 3.511,29 EUR.
Am 28.4.2003 unterzeichnete die Beklagte eine schriftliche "Honorarvereinbarung in der Schlichtungssache H.H." (Bl. 179 d.A.). Darin verpflichtete sie sich - anstelle der gesetzlichen Gebühren, falls diese nicht höher sind - ein Honorar entsprechend 10 % der Entschädigungssumme bis 50.000 EUR, und 15 % der darüber hinausgehenden Ersatzleistungen (zzgl. Umsatzsteuer und weitere Auslagen), zu zahlen".
Nachdem die Schlichtungsstelle auf der Grundlage von Erkenntnissen, die sich aus Sachverständigengutachten ergaben, mit Schreiben vom 24.9.2003 haftungsbegründende Behandlungsfehler bejahte (Bl. 109 f. d.A.), bezifferte der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 5.11.2003 ggü. der Berufshaftpflichtversicherung der behandelnden Ärzte, der D. Versicherung AG, die materiellen und immateriellen Schadensersatzansprüche der Beklagten und ihrer Tochter (Bl. 71, 72 d.A.).
In der Folge unterbreitete die Versicherung der Beklagten und ihrer Tochter ein schriftliches Vergleichsangebot mit Abfindungserklärung (Bl. 173 d.A.). Nach Erhalt des Angebots bestellte der Kläger zu 1) die Beklagte am 26.4.2004 zu einem Besprechungstermin in seine Kanzleiräume. Der Kläger zu 1) las der Beklagten das Vergleichsangebot vor und riet ihr zum Abschluss des Vergleichs. Der Gesprächsinhalt im Einzelnen ist streitig.
Jedenfalls unterzeichnete die Beklagte am 26.4.2004 das Vergleichsangebot mit Abfindungserklärung, in dem sie, zugleich für ihre Tochter handelnd, erklärte, gegen Zahlung eines Betrages von 400.000 EUR zzgl. 35/10 Rechtsanwaltsgebühren aus 400.000 EUR wegen aller Ersatzansprüche gegen Prof. Dr. G., die behandelnden Ärzte und die Medizinische Hochschule H2 abgefunden zu sein. Des Weiteren unterschrieb die Beklagte eine ihr vom Kläger zu 1) vorgelegte schriftliche "Honorarvereinbarung in der Schlichtungssache H. H." mit Datum 26.4.2004 (Bl. 3 d.A.), in der es u.a. heißt:
"Der Auftraggeber verpflichtet sich, für die Bearbeitung der Sache - anstelle der gesetzlichen Gebühren, falls diese nicht höher sind - ein Honorar von pauschal 50.000 EUR... zzgl. Umsatzsteuer ... zu zahlen".
Welche Informationen der Kläger zu 1) der Beklagten im Zusammenhang mit der Unterschriftsleistung erteilt hat, ist ebenfalls streitig.
Die Kläger übersandten der D. noch am 26.4.2004 eine Gebührenrechnung über 11.646,33 EUR (Bl. 121 d.A.), die von der Versicherung auch bezahlt wurde.
Unmittelbar nach Unterzeichnung der Honorarvereinbarung vom 26.4.2006 wandte sich die Beklagte an ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten. Diese erklärten mit Schreiben vom 29.4.2004 ggü. den Klägern die Übernahme und Fortführung des Mandats und zeigten mit weiterem Schreiben vom 30.4.2004 an, dass sie die Interessen der Beklagten auch in der Honorarangelegen...