Leitsatz (amtlich)

Ein altrechtliches fortwährendes Servitut (Art. 688 Abs. 3 Code Civil) konnte nur durch vertragliche Einigung oder durch besondere Anerkennung von Seiten des Eigentümers des belasteten Grundstücks erworben werden. Der Umstand, dass ein Weg im Kataster eingetragen ist und auch seit urgedenklichen Zeiten als Zufahrtsweg benutzt wird, reicht zum sicheren Beweis dieser Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht aus.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 12.07.2006; Aktenzeichen 4 O 392/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12.7.2006 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken - 4 O 392/05 - dahingehend abgeändert, dass die Klagen der Kläger abgewiesen werden.

II. Die Kosten beider Instanzen tragen die Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten darüber, ob die Grundstücke des Beklagten in der Gemarkung M., Flur 6, Nr. ...6/1, Nr. ...1/229 und Nr. ...3/229 zugunsten der Gartengrundstücke der Kläger zu 1) und 2) in der Gemarkung M., Flur 6, Nr. ...1/1, 258, ...6/309 und ...7/309 sowie zugunsten des Grundstücks des Klägers zu 3) ebenfalls in der Gemarkung M., Flur 6, Nr. ...0/283 mit einer (altrechtlichen) Grunddienstbarkeit belastet sind. Mit vorliegender Klage begehren sie zum Einen ein Überfahrtsrecht über die vorbezeichneten Grundstücksparzellen des Beklagten sowie Beseitigung der auf diesen Parzellen aufgebrachten Hindernisse und Freihaltung der Durchfahrt.

Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Parzellen des Beklagten schon seit urgedenklichen Zeiten Teile eines Weges seien, der von den Eigentümern der dahinter gelegenen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke als Feldwirtschaftsweg genutzt worden sei. An den genannten Grundstücken des Beklagten bestehe eine altrechtliche Dienstbarkeit zu ihren Gunsten. Dies folge aus einem Übersichtshandriss des Könglich Preußischen Katasters im Regierungsbezirk T., Kreis M., Bürgermeisterei M., Gemeinde M. betreffend Flur 6, aus einem dem Handriss vorausgestellten Vermerk vom 30.4.1831 sowie aus den von ihm vorgelegten Katasterauszügen.

Der Beklagte hat die Voraussetzungen für die Entstehung einer altrechtlichen Dienstbarkeit nach Code Civil bestritten. Der Handriss und der dazugehörige Vermerk seien zum Nachweis des Vorhandenseins eines Wegerechts keineswegs ausreichend. Die Urkunden enthielten nämlich weder einen Vertrag über die Begründung einer Grunddienstbarkeit noch eine besondere Anerkennung. Die Verkündung der einzelnen Eigentumsverhältnisse reiche hierfür nicht aus.

Das LG hat durch das nunmehr angefochtene Urteil (Bl. 137 ff. d.A.), auf das wegen der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, der Klage insgesamt stattgegeben. Nach der Rechtsauffassung des LG sind die streitgegenständlichen Grundstücksparzellen mit einer altrechtlichen Dienstbarkeit mit dem Inhalt eines Wegerechts zugunsten der Kläger belastet. Dies folge aus dem Handriss in Verbindung mit dem vorangestellten Vermerk des Scheffen L. vom 30.4.1831, bei denen es sich um öffentliche Urkunden handele, die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hätten und denen entnommen werden könne, dass der Handriss den damaligen Grundstückseigentümern vorgelegt worden sei und diese keine Einwendungen gegen dessen Inhalt erhoben hätten.

Gegen dieses ihm am 18.7.2006 (Bl. 149 d.A.) zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 4.8.2006 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 152, 153 d.A.) Berufung eingelegt und diese innerhalb der - verlängerten - Berufungsbegründungsfrist am 20.11.2006 (Bl. 169 ff.; 178 ff. d.A.) begründet. Zur Rechtfertigung seines Rechtsmittels macht er im Wesentlichen geltend: Der Beweis des Entstehens des Wegerechts in Form einer altrechtlichen Grunddienstbarkeit sei mit Vorliegen des Handrisses und des sich darauf beziehenden Vermerks des Scheffen L. nicht erbracht, insbesondere lasse sich diesen Urkunden auch kein "titre recognitif" des damaligen Eigentümers entnehmen. Das LG sei fehlerhaft von der Vermutung der Vollständigkeit dieser öffentlichen Urkunden ausgegangen, denn es handele sich lediglich um eine tatsächliche Vermutung, die bereits dadurch widerlegt sei, dass sich aus dem Inhalt der Urkunde selbst deren Unvollständigkeit ergebe. Aus dem Vermerk des Scheffen L. vom 30.4.1831 folge, dass er alle hiergegen gemachten Erinnerungen notiert habe; da diese Erinnerungen fehlten, sei die Urkunde offensichtlich unvollständig. Hinsichtlich des Handrisses sei kein Beweis entsprechend den Anforderungen des § 435 ZPO angetreten worden. Obwohl die Echtheit des Handrisses bestritten worden sei, sei dieser weder in beglaubigter Form noch in der Urschrift vorgelegt worden. Den vorgelegten Urkunden lasse sich auch nicht entnehmen, dass das reklamierte Servitut auch gerade für die streitgegenständlichen Grundstücke gelten solle. Das LG habe zudem keineswegs dahinstehen lassen dürfen, ob die Kläger ihr...

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