Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen einer Haftung nach den Rechtsgrundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkungen für Dritte
Leitsatz (amtlich)
Auch der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH ist nur dann in den Schutzbereich eines zwischen der Gesellschaft und einem Wirtschaftsprüfer abgeschlossenen, auf die Erstellung eines Zwischenabschlusses gerichteten Vertrages einbezogen, wenn konkrete Umstände die Drittbezogenheit der Leistung und die Gläubigernähe des Alleingesellschafters belegen. Allein die allgemeine Erwägung, dass eine finanzielle Beteiligung des Alleingesellschafters in der Krise der Gesellschaft nicht fern liegt, reicht hierzu nicht aus.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 13.02.2006; Aktenzeichen 9 O 130/94) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 13.2.2006 - 9 O 130/94 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 245.420,10 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes, der geschäftsführender Alleingesellschafter der inzwischen gelöschten E. GmbH (im Folgenden: E.) war, die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der R. R. T. GmbH S. (im Folgenden: R.) auf Schadensersatz aus der behaupteten Schlechterfüllung eines Prüfauftrags in Anspruch.
Im Jahr 1990 geriet die E. in eine wirtschaftliche Krise. Nachdem die Banken zur Aufrechterhaltung der Kreditlinie und Gewährung neuer Kredite die Vorlage einer testierten Zwischenabschlussprüfung gefordert hatten, beauftragte die E. die R. mit der "Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.8.1990" (GA I Bl. 46). Das entsprechende Testat wurde unter der Datumsangabe 12.10.1990 von der R. erteilt (GA I Bl. 19 ff.). Das Testat wies ein positives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (vor Steuern) i.H.v. 129.097,51 DM aus. Nach Abzug von Steuern verblieb ein Gewinn von 47.788,08 DM. In der Bilanz zum 31.8.1990 wurde ein Eigenkapital i.H.v. insgesamt 386.772,25 DM ausgewiesen. Der Prüfvermerk enthielt keine Einschränkungen. Nach dem uneingeschränkten Prüfvermerk wurde der E. ein weiterer Kredit über eine Million DM gewährt. Zudem nahm der Ehemann der Klägerin auf Verlangen der finanzierenden Banken eine Kapitalerhöhung um 500.000 DM vor, die er sofort einzahlte. Nach einer entsprechenden Erhöhung des Stammkapitals veräußerte der Alleingeschäftsführer Geschäftsanteile i.H.v. insgesamt 130.000 DM an vier Mitarbeiter, u.a. auch an die Zeugin K2.
Bei einer Überprüfung des Jahresabschlusses der E. zum 31.12.1990 stellte sich heraus, dass die E. im Jahr 1990 tatsächlich einen Verlust von 1.824.133,74 DM erwirtschaftet hatte. Bei der Erstellung des Zwischenabschlusses waren die Rechnungen Nr. .16 vom 31.8.1990 und Nr. .23 vom 29.9.1990 über insgesamt rund 1.250.000 DM nicht berücksichtigt worden.
Die Klägerin hat behauptet, ihr Ehemann hätte bei zutreffendem Testat nicht mehr investiert, sondern wegen Überschuldung Konkurs anmelden müssen. Die Rückforderung eines Teilbetrags der investierten Summe (480.000 DM) bildet den Gegenstand der vorliegenden Klage. Soweit das zu günstige Testat auf die Nichtberücksichtigung von zwei Rechnungen über rund 1,25 Millionen DM zurückzuführen sei, hätte die zur umfassenden Prüfung verpflichtete R. über den Abschlussstichtag hinaus nachfragen müssen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 245.420,10 EUR nebst 12 % Zinsen seit Zustellung des Mahnbescheids zu zahlen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie vertritt die Auffassung, der Ehemann der Klägerin sei nicht nach den Rechtsgrundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkungen für Dritte in den Schutzbereich des zwischen der R. und E. abgeschlossenen Beratervertrags eingebunden gewesen. R. sei nicht mit der Erstellung, sondern lediglich mit der Prüfung des Zwischenabschlusses beauftragt worden. Der von ihr zu prüfende Zwischenabschluss sei von der T. GmbH erstellt worden. Die beiden Lieferantenrechnungen seien im Rechnungswesen zum maßgeblichen Stichtag nicht als Schuld passiviert gewesen. Die vom Geschäftsführer unterzeichnete Vollständigkeitserklärung sei falsch gewesen, weshalb eine Berücksichtigung dieser beiden Rechnungen bei der Prüfung des Zwischenabschlusses nicht möglich gewesen sei.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter.
Die Berufung wendet sich zum einen gegen die Beweiswürdigung des LG. So habe das LG nicht hinreichend gewürdigt, dass der Zeuge K3 das Beweisthe...