Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenunterhalt: Abänderungsklage wegen Vorruhestandes des Unterhaltspflichtigen

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt ein unterhaltspflichtiger Ehegatte die Möglichkeit einer Verrentung vor Erreichen der diesbezüglichen allgemeinen gesetzlichen Altersgrenze in Anspruch, so ist dies regelmäßig unterhaltsrechtlich leichtfertig, wenn dies weder aus gesundheitlichen oder betrieblichen Gründen erfolgt, noch einer gemeinsamen Lebensplanung der Ehegatten entspricht.

 

Normenkette

BGB § 1578 Abs. 1 S. 1, § 1581 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Urteil vom 05.11.2009; Aktenzeichen 39 F 194/09 UE)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG - Familiengericht - in vom 5.11.2009 - 39 F 194/09 UE - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Der am ... Juni 1946 geborene Kläger und die am ... Oktober 1947 geborene Beklagte, beide Deutsche, heirateten am 7.11.1969. Aus der Ehe gingen zwei - 1973 bzw. 1977 geborene und nicht mehr unterhaltsbedürftige - Kinder hervor. Nach Trennung der Parteien im Januar 1993 wurde die Ehe auf der Grundlage eines am 8.3.1994 zugestellten Scheidungsantrags durch seit 20.1.1995 rechtskräftiges Verbundurteil des AG - Familiengericht - in vom 1.12.1994 - F 81/94 - geschieden.

Im Scheidungstermin am 1.12.1994 hatten die Parteien einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Kläger u.a. verpflichtet hatte, an die Beklagte monatlich im Voraus einen Unterhalt - auch für den Fall der Scheidung - von 860 DM zu zahlen. Dieser Betrag wurde bis zum 30.6.1996 festgeschrieben.

Mit Urt. v. 25.6.1997 - F 462/96 - wies das AG - Familiengericht in eine Abänderungsklage der Beklagten und eine Abänderungswiderklage des Klägers ab. Die von der Beklagten für eine beabsichtigte Berufung gegen dieses Urteil nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagte ihr das OLG mit Beschluss vom 7.10.1997.

Am 12.9.2007 schlossen die Parteien vor dem 9. Zivilsenat des im Unterhaltsabänderungsverfahren 9 UF 116/05 (54 F 371/99 AG) einen Vergleich, in dem sie sich darüber einig erklärten, dass es bei dem zugunsten der Beklagten im Vergleich vom 1.12.1994 titulierten Betrag von (860 DM =) 439,71 EUR verbleibt.

Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien zweitinstanzlich, in welcher Höhe und wie lange der Kläger ab 30.6.2009 verpflichtet ist, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Der Kläger befindet sich seit 1.7.2009 im Vorruhestand und bezieht seitdem monatlich eine Altersrente von der DRV Bund von netto 1.231,86 EUR sowie eine Betriebsrente von netto 130,55 EUR. Die Beklagte hat keinen Beruf erlernt und zu-nächst während der Ehe nicht gearbeitet. Seit 1988 ist sie stundenweise berufstätig. Sie lebt seit Jahren mit ihrem Lebensgefährten - Herrn - zusammen.

Mit am 20.5.2009 eingereichter und der Beklagten am 8.7.2009 zugestellter Klage hat der Kläger beantragt, den "Vergleich des Saarländischen OLG" vom 12.9.2007 dahingehend abzuändern, dass der Kläger der Beklagten ab dem 30.6.2009 keinen Unterhalt mehr schuldet.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.

Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Familiengericht - unter stillschweigender Abweisung der weitergehenden Klage - den "Vergleich des Saarländischen OLG" vom 12.9.2007 dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab 30.6.2009 verpflichtet ist, an die Beklagte einen monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 362 EUR zu zahlen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er beantragt, unter "Aufhebung" des angefochtenen Urteils den "Vergleich des Saarländischen OLG" vom 12.9.2007 dahingehend abzuändern, dass der Kläger mit Wirkung ab 30.6.2009 keinen Unterhalt mehr an die Beklagte zu zahlen verpflichtet ist.

Die Beklagte trägt auf Zurückweisung der Berufung an.

Der Senat hat die Akten des AG - Familiengericht - in - F 81/94 sowie F 462/96 - und des AG - Familiengericht - in Saarbrücken - 54 F 371/99 UE - zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Senatsentscheidung richtet sich gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG nach den bis zum 31.8.2009 geltenden Vorschriften (vgl. BGH FamRZ 2010, 869 und 639, jeweils m.w.N.).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zwar ist die Abänderungsklage des Klägers - wie das Familiengericht zutreffend angenommen hat - zulässig (§§ 323 Abs. 1 und Abs. 4, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; § 36 Nr. 1 EGZPO), weil der Kläger geltend macht, dass nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess (vgl. BGH FamRZ 2001, 905) - hier am 12.9.2007 im Berufungsverfahren - seine Einkünfte durch den vorgezogenen Ruhestand erheblich gesunken sind und sich außerdem die Gesetzeslage durch das am 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz 2007 und der danach in § 1578b BGB eröffneten Möglichkeit der Herabsetzung bzw. zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs geändert habe (vgl. zu Letzterem BGH FamRZ 2010, 111; 2007, 793; 2005, 608).

Die Abänderungsklage ist aber i...

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