Leitsatz (amtlich)
1. In der privaten Unfallversicherung unterliegen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen als solche und die Frage ihrer Dauerhaftigkeit uneingeschränkt den strengen Beweismaß des § 286 ZPO.
2. Die Ausschlussklausel des § 2 Ziff. 3 Abs. 2 alt. 1 AUB 94 erfasst nur Beschädigungen der Bandscheiben selbst, nicht hingegen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die im weiteren Bereich der Wirbelsäule eingetreten sind.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 15.05.2002; Aktenzeichen 12 O 164/00) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 15.5.2002 – 12 O 164/00 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.338,76 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger unterhält bei der Beklagten seit dem Jahr 1996 eine private Unfallversicherung und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung in Anspruch.
Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 94,) zu Grunde. Als Invaliditätsleistung wurde eine Grundsumme von 40.000 DM und als Höchstsumme bei Vollinvalidität ein Betrag von 200.000 DM vereinbart.
Am 5.2.1998 erlitt der Kläger einen Verkehrsunfall, bei dem ein anderes Fahrzeug auf das klägerische Fahrzeug auffuhr. Dieses wurde infolge des Aufpralls erheblich beschädigt und mehrere Meter weit geschoben.
Der Kläger verspürte unmittelbar nach dem Unfall Kopf- und Genickschmerzen und begab sich in die Behandlung des Arztes Dr. H., der nach Anfertigung von Röntgenaufnahmen der Brustwirbelsäule ein HWS-Schleudertrauma und einen Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades diagnostizierte. Im April 1998 wurde in einem Computertomogramm der Halswirbelsäule eine „diskrete mediale Protrusion der Segmente C III/C IV” diagnostiziert. In einer weiteren Kernspintomographie vom November 1998 wurde i.H.d. Wirbelkörper C V/C VI „eine breitbandige mediale Vorwölbung von Bandscheibengewebe um ca. 2 mm” festgestellt. Der Kläger war bereits im Jahr 1991 wegen eines Bandscheibenvorfalls an der Lendenwirbelsäule im Segment L 4/5 operiert worden.
Mit Schreiben vom 27.10.1999 lehnte die Beklagte die Erbringung von Leistungen ab.
Der Kläger hat behauptet, seine geistige und körperlichen Leistungsfähigkeit sei durch das Unfallereignis um mindestens 35 % gemindert, weshalb ihm unter Berücksichtigung der vereinbarten Progression ein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung von 40.000 DM zustehe, die er aus prozessökonomischen Gründen nur in Höhe eines Teilbetrags von 30.000 DM (15.338,76 Euro) geltend macht.
Die Beklagte tritt dem entgegen. Sie vertritt die Auffassung, sie sei bereits gem. § 7 Abs. 1 Ziff. 1 S. 3 AUB 94 leistungsfrei, da die Invalidität nicht innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie nicht spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht worden sei. Der Kläger habe bei dem Verkehrsunfall lediglich ein HWS-Schleudertrauma ersten Grades erlitten, da auf den erhobenen Befunden keine morphologisch nachweisbaren traumatischen Veränderungen nachgewiesen worden seien. Die Befunde belegten, dass die Beschwerden des Klägers auf degenerative Veränderungen der Wirbelsäule zurückzuführen seien.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige Berufung ist nicht begründet, da der Kläger den ihm obliegenden Beweis dafür, infolge des Unfallereignisses eine dauerhafte Gesundheitsschädigung erlitten zu haben, die seine Invalidität zur Folge hat, nicht erbringen konnte.
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Ziff. 1 AUB 94 steht einem Versicherten ein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung zu, wenn er einen Unfall erlitten hat, der zu einer dauernden Beeinträchtigung seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt.
a) Der Kläger hat einen bedingungsgemäßen Unfall erlitten: Ein Unfall i.S. des § 1 Abs. 3 AUB 94 liegt vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper einwirkendes Ereignis unfreiwillig an seiner Gesundheit Schaden genommen hat. Diese Voraussetzungen sind erfüllt: Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger durch den Auffahrunfall zumindest ein HWS-Trauma 1. Grades davon getragen hat.
b) Weiterhin setzt die Leistungspflicht des Unfallversicherers gem. § 7 I Abs. 1 AUB 94 voraus, dass der Versicherungsnehmer aufgrund des Unfalls dauerhaft in seiner Gesundheit beeinträchtigt ist. Diesen Beweis hat der Kläger nicht erbracht.
Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen trägt jede Partei die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des sie begünstigenden Rechtssatzes, aus dem sie eine Rechtsfolge herleiten will (BGHZ 3, 342 [346]; BGH v. 14.1.1991 – II ZR 190/89, BGHZ 113, 222 [225] = MDR 1991, 413; 121, v. 24.2.1993 –...