Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Anwachsung einer Bezugsberechtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Bestimmt ein Versicherungsnehmer zwei Personen zu gleichen Teilen als Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung und verstirbt eine bezugsberechtigte Person gleichzeitig mit dem Versicherungsnehmer, so wächst deren Anteil der anderen bezugsberechtigten Person an.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 14.09.2006; Aktenzeichen 14 O 476/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerinnen zu 2. und 3. gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 14.9.2006 - 14 O 476/05, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerinnen zu 2. und 3. tragen die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten des Streithelfers, zu je ½.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen zu 2. und 3. dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 127.822,98 EUR festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Ehemann der Klägerin zu 1. und Vater der Klägerinnen zu 2. (geb. am 16.9.1994) und 3. (geb. am 2.10.1998) (im Folgenden: der Versicherungsnehmer) hatte bei der Beklagten unter der Versicherungsschein-Nr. AAAAA eine Risikolebensversicherung unter Einschluss der der besonderen Hinweise zum Vertrag und der Allgemeinen Bedingungen für die Risikoversicherung über eine Versicherungssumme im Todesfall i.H.v. 500.000 DM abgeschlossen. Als Begünstigte war im Versicherungsvertrag vom 3.2.2001 die Klägerin zu 1. benannt (Bl. 36/37 d.A.). Der Versicherungsnehmer trennte sich im November 2002 von der Klägerin zu 1. und wandte sich einer neuen Lebenspartnerin zu. Scheidungsantrag wurde von ihm im April 2004 gestellt (Bl. 41 d.A.). Mit Schreiben vom 25.10.2004, bei der Beklagten eingegangen am 28.10.2004, teilte der Versicherungsnehmer der Beklagten mit, dass ab sofort Begünstigte des Risikolebensversicherungsvertrages bei seinem Ableben Ax.S. (Bruder des Versicherungsnehmers) und D.R. (Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers) zu gleichen Teilen sein sollen (Bl. 106 d.A.). Mit Schreiben vom 3.11.2004 bestätigte die Beklagte die Änderung des Bezugsrechtes (Bl. 107 d.A.).

Der Versicherungsnehmer und seine Lebensgefährtin kamen am 26.12.2004 bei der Tsunami-Katastrophe in Thailand ums Leben.

Die Beklagte zahlte die Versicherungssumme an den Bruder des Versicherungsnehmers, den Streithelfer, aus und wies die Klägerin zu 1. mit Schreiben vom 21.1.2005 darauf hin, dass im Hinblick auf die Änderung des Bezugsrechtes kein Anspruch auf Versicherungsleistungen bestehe.

Die Klägerinnen haben die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren auf Auszahlung der Versicherungsleistung in Anspruch genommen, und zwar auf Zahlung der gesamten Versicherungssumme i.H.v. 255.645,94 EUR an die Klägerin zu 1. (Klageantrag zu 1.), hilfsweise auf Zahlung von je 127.822,97 EUR an die Klägerinnen zu 2. und 3. (Klageantrag zu 2.), weiter hilfsweise von je 63.911,49 EUR an die Klägerinnen zu 2. und 3. (Klageantrag zu 3.), jeweils nebst Zinsen. Sie haben die Auffassung vertreten, dass die Änderung des Bezugsrechtes unwirksam sei, weil der Klägerin zu 1., wie die Auslegung des Versicherungsvertrages ergebe, ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei (Absicherung des für den Erwerb des Eigenheims notwendigen Darlehens), hierin ein Verstoß gegen § 138 BGB liege und im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 142, 119 BGB gegeben seien. Hilfsweise sei der Klageantrag zu 2. gem. §§ 1 Abs. 1 S. 2VVG, 1922, 1924, 1931, 1933 BGB begründet, weil das an die Bezugsberechtigten Ax. S. und D. R. gerichtete Schenkungsangebot vor Annahme widerrufen worden sei, und zwar bereits mit Schreiben vom 12.1.2005. Hilfsweise stünden den Klägerinnen zu 2. und 3. Ansprüche auf Versicherungsleistungen gemäß dem Klageantrag zu 3. zu, weil eine Anwachsung des von der verstorbenen Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers nicht erworbenen Anteils durch den Streithelfer ausscheide; § 167 Abs. 1 2. HS VVG finde keine Anwendung mit der Folge, dass der nicht erworbene Anteil in den Nachlass gefallen sei.

Die Klägerinnen haben beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. 255.645,94 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen,

2. hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 2. und 3. jeweils 127.822,97 EUR zu Händen der Klägerin zu 1. nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen,

3. hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit der Anträge zu 1. und 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 2. und 3. jeweils 63.911,49 EUR zu Händen der Klägerin zu 1. nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen.

Die Beklagte und der Streithelfer haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Es hat ...

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