Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsunfall auf der als Fahrstreifen fortgesetzten Einfädelspur
Leitsatz (amtlich)
Setzt sich die Einfädelspur auf einer Autobahn als selbständiger rechter Fahrstreifen fort, darf der an sich Wartepflichtige zügig weiterfahren, solange keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Benutzer der vorfahrtsberechtigten Spur auf die Spur des Einfädelnden wechseln.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 08.06.2007; Aktenzeichen 6 O 237/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers zu 1) wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 8.6.2007 - 6 O 237/05 - wie folgt abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zu 1) weitere 2.697,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2005 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner, soweit nicht durch Beschluss des LG Saarbrücken vom 11.5.2006 - 6 O 237/05 - hierüber entschieden worden ist.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.697,59 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In dem vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger zu 1) von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 29.3.2005 gegen 20.15 Uhr auf der BAB 8 Fahrtrichtung N. in Höhe der ...-brücke ereignete.
An dem Unfall waren der Kläger zu 1) mit seinem Fahrzeug der Marke Opel Omega Caravan, amtliches Kennzeichen: XX-XX-XX, und der Beklagte zu 2) mit dem Lkw (Zugmaschine) DAF 380, amtliches Kennzeichen: YYY-YYY, mit Sattelauflieger, amtliches Kennzeichen: ZZZ-ZZZ, beteiligt. Die Klägerin zu 2) war Beifahrerin im Fahrzeug des Klägers zu 1). Die Beklagte zu 1) ist Halterin des von dem Beklagten zu 2) gesteuerten Lkw. Die Beklagte zu 3) nimmt bei Verkehrsunfällen mit Auslandsbezug die Angelegenheiten des Haftpflichtversicherers wahr.
Der Kläger fuhr am Unfalltag nach Einbruch der Dunkelheit von der BAB 623 kommend auf die BAB 8 in Richtung N. auf. Die Einfahrtspur der BAB 623 auf die BAB 8 wird im weiteren Verlauf der BAB 8 als dritter Fahrstreifen fortgeführt. Zum gleichen Zeitpunkt fuhr der Beklagte zu 2) auf der BAB 8 aus Richtung S. kommend Richtung N. auf der rechten Fahrspur, die nach der Einmündung der BAB 623 als mittlere Fahrspur fortgeführt wird.
Im Bereich der ...brücke ist der Markierungsstreifen zwischen der mittleren und der rechten Fahrspur zunächst durchgezogen und später unterbrochen.
Wie in zweiter Instanz nunmehr unstreitig, begann der Beklagte zu 2) an der Stelle, an der der Markierungsstreifen zwischen dem mittleren und dem rechten Fahrstreifen wieder unterbrochen ist, auf den nunmehr als dritte Spur geführten (ganz) rechten Fahrstreifen zu wechseln, auf dem der Kläger fuhr. Hierbei kam es zur Kollision beider Fahrzeuge.
Gegenstand der Klage ist ein Schaden des Klägers zu 1) i.H.v. insgesamt 11.669,67 EUR mit folgenden Einzelpositionen: Fahrzeugschaden aufgrund vorgerichtlich eingeholten Gutachtens abzgl. Restwert i.H.v. 8.800 EUR, Sachverständigenkosten i.H.v. 788,33 EUR, Nutzungsausfall von 650 EUR, Abschleppkosten von 175,62 EUR, Abmeldekosten i.H.v. 5,60 EUR, Umbaukosten i.H.v. 345,80 EUR sowie eine Unkostenpauschale von 25 EUR, Schadensersatz für im Fahrzeug beschädigte Utensilien i.H.v. 238 EUR und Erstattung nicht anrechenbarer Anwaltskosten i.H.v. 640,67 EUR.
Die Klägerin zu 2) hat im ersten Rechtszug ein Schmerzensgeld i.H.v. 300 EUR geltend gemacht.
Die Kläger haben erstinstanzlich behauptet, der Beklagte zu 2) sei plötzlich und für den Kläger zu 1) unvorhersehbar auf den rechten Fahrstreifen gewechselt, nachdem zuvor ein vor dem klägerischen Fahrzeug fahrender Pkw auf die mittlere Spur gewechselt sei. Der Kläger zu 1) habe weder ausweichen noch den Unfall durch ein Bremsmanöver vermeiden können. Der Kläger zu 1) sei in Höhe des Autobahnkreuzes mit einer Geschwindigkeit von maximal 70 km/h, der Beklagte zu 2) mit ca. 90 km/h gefahren. Die Klägerin zu 2) habe über einen Zeitraum von ca. 10 Tagen nach dem Unfall an schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule gelitten.
Die Kläger haben beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an den Kläger zu 1) Schadensersatz i.H.v. 11.669,02 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.6.2005 zu zahlen,
2. an die Klägerin zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.6.2005 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben behauptet, der Beklagte zu 2) sei vor dem Unfall mit gleich bleibender Geschwindigkeit gefahren und habe bereits lange vor dem eigentlichen Fahrspurwechsel den rechten Fahrtrichtungsanzeiger betätigt. Der Kläger zu 1) habe versucht, den im Fahrbahnwechsel begriffenen Lkw des Beklagten zu 2) rechts zu überholen, wodurch es zum Zusammenstoß gekommen sei.
Nach Beweisaufnahme zum Unfallhergang durch Zeugenvernehmung, Beiziehung der Akte 66 Js 1150/0...