Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer schriftlichen Vereinbarung auf Zahlung von Brautgeld für den Fall der Trennung der Eheleute
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer schriftlichen Vereinbarung auf Zahlung von Brautgeld für den Fall der Trennung der Eheleute.
Die Vereinbarung eines Brautgeldes, zu dessen Zahlung sich der künftige Ehemann für den Fall der Trennung im Rahmen einer Eheschließungszeremonie nach islamischen Recht verpflichtet, hat unterhaltsrechtlichen Charakter. Seine Höhe ist nach den Rechtsgrundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. des Wegfalls der Geschäftsgrundlage herabzusetzen, wenn der Unterhaltszweck auf andere Weise erreicht werden kann.
Normenkette
BGB §§ 117, 121, 124-125, 518, 780
Verfahrensgang
AG St. Wendel (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen 16 F 512/02 GÜ) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - in St. Wendel vom 28.1.2004 - 16 F 512/02 GÜ - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 12.782 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB ab 12.6.2003 zu zahlen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien, beide deutsche Staatsangehörige, sind seit 14.6.2002 rechtskräftig geschiedene Eheleute.
Sie hatten am 23.11.1990 vor dem Standesbeamten in St. Wendel die Ehe geschlossen. Der standesamtlichen Trauung war - die Klägerin gehört dem islamischen Glauben an - eine Eheschließungszeremonie nach islamischem Ritus im August 1990 vorausgegangen. Im Zusammenhang hiermit hatten beide Parteien folgende, vom islamischen Imam in arabischer Sprache aufgesetzte und von einem Dolmetscher ins Deutsche übersetzte Schriftstücke unterschrieben, wobei die deutsche Übersetzung vom 25.8.1990 wie folgt lautet:
"Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen
Durch Anordnung des erhabenen Gottes, nach der Sunna (islamisches Gesetz) seines Propheten Mohammed (Gott segne ihn und schenke ihm Heil) und unter Berufung auf unser Glaubensbekenntnis sowie auf das später fällig werdende (im Falle der Trennung) Brautgeld i.H.v. 50.000 DM (fünfzigtausend), habe ich den Ehevertrag zwischen M.R. und F.C. zum Abschluss gebracht.
Die Eheschließung wurde im Beisein der beiden Zeugen, Herrn H. S. und Herrn I. S. A. vorgenommen.
Unterschrift des ersten Zeugen
Unterschrift des zweiten Zeugen
Unterschrift und Name des Imams: M.A.
Unterschrift und Name des Bräutigams: M.R.
Unterschrift und Name der Braut: F.C."
Die Parteien streiten zweitinstanzlich, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin das im vorgenannten Schriftstück erwähnte Brautgeld von (50.000 DM =) 25.564,59 EUR zu zahlen.
Die am Februar 1972 geborene Klägerin ist seit Februar 2004 wiederverheiratet. Ihr steht die alleinige elterliche Sorge für den aus der Ehe mit dem Beklagten hervorgegangenen Sohn K., geboren am Januar 1991, zu.
Mit notarieller Urkunde vom 14.12.1999 - Notar Dr. M.K., Urkundenrolle Nummer - hat der Beklagte der Klägerin ein in seinem Alleineigentum stehendes Grundstück (ca. 1.000 m2 groß) in übertragen. Der Wert des Grundstücks wurde mit ca. 80.000 DM in der notariellen Urkunde angegeben. Eine Gegenleistung wurde nicht vereinbart, lediglich, dass die Zuwendung, soweit sie unentgeltlich erfolgt, gem. § 1380 BGB auf eine eventuelle Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin anzurechnen ist.
Die Klägerin hatte den Beklagten nach der Trennung auf Trennungs- und Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Durch Urteil des AG - FamG - in St. Wendel vom 20.6.2001 - 16 F 24/2001 UK/UE - wurde der Beklagte u.a. verurteilt, an die Klägerin ab Juni 2001 monatlichen Trennungsunterhalt von 426 DM zu zahlen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin haben sich die Parteien in einem am 11.4.2002 geschlossenen Vergleich - 9 UF 121/01 - u.a. dahingehend geeinigt, dass der Beklagte der Klägerin zur Abgeltung bis einschließlich April 2002 rückständigen Trennungs- und Kindesunterhalts einen Betrag von 280 EUR zahlt und dass eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten ggü. der Klägerin ab Januar 2002 - derzeit - nicht besteht.
Mit ihrer am 9.12.2002 eingereichten Klage hat die Klägerin den Beklagten, gestützt auf die von beiden Parteien im August 1990 unterzeichneten Schriftstücke, auf Zahlung eines Betrages von 25.564,59 EUR nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit in Anspruch genommen.
Der Beklagte, dem die Klage am 12.6.2003 zugestellt worden war, hat um Klageabweisung gebeten.
Die Parteien haben erstinstanzlich im Wesentlichen darüber gestritten, was die Motive für die Vereinbarung des "Brautgeldes" waren.
Das FamG hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 9.1.2004. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 9.1.2004 verwiesen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das FamG der Klage in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten ve...