Leitsatz (amtlich)
1. Den Betreiber einer Suchmaschine treffen erst dann spezifische Verhaltenspflichten, wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt hat. Das setzt voraus, dass der Betroffene unter konkreter Bezeichnung der beanstandeten URL eindeutig mitteilt, durch welche konkrete Äußerung in einer durch die Suchmaschine aufgefundenen und verlinkten Veröffentlichung der rechtswidrige Eingriff in das Persönlichkeitsrecht seiner Auffassung nach erfolgt und welche Maßnahme er von dem Suchmaschinenbetreiber fordert.
2. Entsprechendes gilt bei inhaltlichen Beanstandungen sog. "Textschnipsel" ("Snippets") in den Suchergebnissen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 7/16) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 8. August 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 4 O 7/16 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20. September 2017 wird zurückgewiesen
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird - in Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung - für die erste Instanz auf 20.000,- Euro bis zum 17. Januar 2017 und ab dann sowie für die Berufungsinstanz auf bis zu 7.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte betreibt eine Internet-Suchmaschine. Bei Eingabe eines Suchwortes auf ihrer Webseite werden Suchergebnisse angezeigt, die neben dem jeweiligen Link ("URL") auch sog. "Snippets" (= "Schnipsel", Textauszüge) enthalten. Der Kläger, von Beruf Unternehmensberater, nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch mit dem Anliegen, die Anzeige von Suchergebnissen und Verlinkungen bestimmten Inhaltes, die am 14. Dezember 2015 bei Eingabe von seinem Namen entsprechenden oder dem ähnelnden Zeichenfolgen in die Suchmaske angezeigt wurden, zu unterbinden.
Hintergrund seines Anliegens sind vermeintliche Äußerungen des Klägers auf der Internet-Plattform "Facebook". Im Juli 2014 hatten verschiedene Medien über einen Facebook-Eintrag des Schriftstellers A. P. berichtet, der sich darin abfällig über ein Interview mit der Soziologin Prof. E. T. zu liberaler Sexualpädagogik geäußert hatte. Zu diesem Facebook-Eintrag war über den Facebook-Account des Klägers ein Kommentar erstellt und im Internet öffentlich gemacht worden, der u.a. lautete, "was bliebe, wäre diesen Genderlesben jeweils 8x9 mm ins Gehirn zu jagen". Dieser Kommentar war in der Folgezeit unter Nennung des Namens des Klägers Gegenstand von Presseberichterstattungen und Kommentaren im Internet, insbesondere im Blog "worldpress.com". In zwei vor dem Senat verhandelten Rechtsstreitigkeiten nahm der Kläger die DTJ-Online Zukunft Medien GmbH, Offenbach am Main sowie die die taz Verlags und Vertriebs GmbH, Berlin, auf Unterlassung der Berichterstattung in Anspruch. Beide Klagen wurden im Berufungsrechtzug abgewiesen (Senat, Urteile vom 30. Juni 2017 - 5 U 16/16, AfP 2017, 439 und 5 U 17/16, NJW-RR 2017, 1122).
Mit E-Mail vom 4. Juni 2015 (Bl. 22 GA) wandte sich der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten an die Beklagte. Unter Hinweis auf Beschimpfungen ("abuse") unter der URL http: ... pp. bat er um unverzügliche Löschung dieser "blogs". Mit weiterer Mail vom 9. Juni 2015 (Anlage B5) erläuterte der Kläger die seines Erachtens missbräuchlichen Inhalte. Die Beklagte teilte am 22. Juni 2015 mit, dass die vorbezeichnete URL in Kürze aus den Suchergebnissen entfernt werde (Bl. 25 GA). Mit E-Mail vom 15. Juli 2015 beanstandete der Kläger, dass die URL weiterhin in den Suchergebnissen zu finden sei (Bl. 27 GA). Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 16. Juli 2015 mit, dass die URL aus den Suchergebnissen entfernt worden sei oder in Kürze entfernt würde. Zugleich bat sie darum, sich der Schreibweise zu vergewissern (Bl. 28 GA). Mit E-Mail vom 17. August 2015 (Anlage B6) reklamierte der Kläger erneut. Die Beklagte bat mit E-Mail vom 31. August 2015 um Übermittlung eines "Screenshots" (Anlage B7). Nach dessen Vorlage mit E-Mail vom 1. September 2015 (Anlage B8) entfernte die Beklagte die daraus ersichtliche Verlinkung der Seite http. ... pp. was sie dem Kläger mit E-Mail vom 2. September 2015 mitteilte (Anlage B9). Mit E-Mail vom 7. Dezember 2015 beanstandete der Kläger erneut das Vorhandensein entsprechender "Suchergebnisse" (Anlage B10). Die Beklagte verwies mit E-Mail vom 7. Dezember 2015 auf ihre Nachricht vom 2. September 2015 und bat den Kläger, falls dieser weitere URLs beanstande, diese mitzuteilen (Anlage B 11). Bei einer am 14. Dezember 2015 durchgeführten Recherche fand der Kläger nach Eingabe seines Namens in wörtlicher oder geringfügig abgewandelter Form einzelne Verlinkungen, die sich in seines Erachtens unangemessener Art und Weise mit seiner Person oder seinen angeblichen Äußerungen auseinandersetzten.
Mit seiner am 8. Januar 2016 zum Landgericht Saarbrücken eingereichten Klage hat der Kläger zum ...