Leitsatz (amtlich)
Erkennt ein Hersteller von Ölkanistern, dass diese mit schadhaften Verschlüssen ausgestattet sind, so ist er in Erfüllung seiner deliktsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht gehalten, Maßnahmen zu ergreifen, um den Erwerber äußerlich unbeschädigter Kanister vor einer drohenden Leckage zu warnen.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 23.06.2010; Aktenzeichen 12 O 370/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 23. Juni 2010 - 12 O 370/09 - abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.558,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2009 zu zahlen. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger 461,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.9.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Hälfte der Kosten der Streithelferinnen. Im Übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.570,39 EUR festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger die beklagte Mineralölgesellschaft auf Zahlung von Schadensersatz wegen behaupteter Schäden an seinem Kraftfahrzeug in Anspruch, die durch Auslaufen von Öl aus einem 20 l-Kanister entstanden.
Die Beklagte vertreibt u. a. Schmierstoffe unter der Produktbezeichnung M., welche in 20 l-Kanistern zum Verkauf angeboten werden, die von der Beklagten hergestellt werden. Die Verschlüsse dieser Behälter werden von einem Zulieferer produziert.
Die Beklagte belieferte die Streithelferin zu 1) als Zwischenhändlerin nahezu wöchentlich mit ca. 60 Ölkanistern, die ihrerseits u.a. die Streithelferin zu 2) weiterbelieferte. Im Jahr 2009 lieferte der Zulieferer der Beklagten eine Charge von fehlerhaften Verschlüssen. Ende August 2009 reklamierte die Streithelferin zu 1) bei der Beklagten, dass bei einer Öllieferung, die auch Kanister des Produktes M. beinhalteten, Verschlüsse schadhaft seien und diese sich teilweise geöffnet hätten. Der genaue Inhalt der zwischen der Streithelferin zu 1) und der Beklagten getroffenen Vereinbarung hinsichtlich der defekten Verschlüsse ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist insoweit, dass die Beklagte Ersatzdeckel für die schadhaften Deckel bereitstellte.
Die Streithelferin zu 1) lieferte am 20.8.2009 an die Streithelferin zu 2) sieben Kanister mit fehlerhaften Deckeln, wobei auf dem Lieferschein die Bemerkung: "schadhaft Kanister zugeklebt" eingetragen war (GA I Bl. 82). Am 23.9.2009 lieferte die Streithelferin zu 1) weitere fünf Kanister. Auf den korrespondierenden Lieferscheinen finden sich keine Hinweise auf eine Schadhaftigkeit der Kanister.
Am 26.9.2009 erwarb die Zeugin V. bei der Streithelferin zu 2) einen Kanister des vorbezeichneten Öls. Sie verlud den Kanister in den Kofferraum des Fahrzeugs des Klägers. Als sie auf dem Gestüt des Klägers angekommen war, stellte sie fest, dass das Öl aus dem Kanister ausgelaufen war. Sie fuhr daraufhin, ohne etwas an der Lagerung des Kanister oder dem Verschluss des Kanisters zu verändern, zu der Streithelferin zu 2) zurück.
Der Kläger hat behauptet, das Öl sei wegen des schadhaften Verschlusses ausgelaufen. Dieser habe sich ohne weiteres Zutun von dem Kanister gelöst. Die Kosten für die Reinigung und das Ersetzen der durch das Öl beschädigten Teile beliefen sich auf 7.570,39 EUR.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte für diesen Schaden einstehen müsse, da sie ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßen Warenausgangskontrolle nicht nachgekommen sei. Gegenüber der Streithelferin zu 1) habe die Beklagte keine Warnung hinsichtlich der defekten Kanister ausgesprochen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an den Kläger 7.570,39 EUR zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.9.2009,
2. weitere 759,22 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.9.2009.
Die Beklagte sowie ihre Streithelferinnen haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Streithelferin zu 1) habe es abgelehnt, eine Rücklieferung der Waren zu veranlassen. Sie habe stattdessen darauf hingewiesen, dass eigene Lieferverpflichtungen bestünden und eine Rücklieferung der Produkte aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht komme. Daraufhin habe sich die Beklagte bereit erklärt, ordnungsgemäße Verschlüsse nachzuliefern. Dies sei sodann auch geschehen.
Der Kläger müsse sich ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen, da die Zeugin den Kanister nicht aufrecht stehend und nicht hinreichend durch einen Gurt abgesichert transportiert habe. Auch sei die Höhe des entstandenen Schadens nicht nachvollziehbar.
Soweit d...