Leitsatz (amtlich)

Zur Fortwirkung eines "gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichts", mit dem sich Abkömmlinge gegenüber der Erblasserin hinsichtlich des an ihre weitere Schwester übertragenen elterlichen Hausanwesens gegen Zahlung eines anteiligen Ausgleichsbetrages für abgefunden erklärt haben, wenn das Anwesen später von der Erblasserin zum angenommenen Wert entgeltlich zurückerworben wurde.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 16 O 164/18)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Juni 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 16 O 164/18 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.731,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien, Bruder und Schwester, streiten um Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Tode der am 28. August 2018 verstorbenen gemeinsamen Mutter, D. M. A. (im Folgenden: Erblasserin). Diese hatte am 10. Januar 2001 ein notarielles Testament errichtet, mit dem sie den Beklagten zu ihrem alleinigen Erben eingesetzt hatte; zugleich hatte sie alle bisherigen Verfügungen von Todes wegen widerrufen und ihrer vormals zur Alleinerbin eingesetzten Tochter K. K. den Pflichtteil entzogen (Bl. 8 ff. GA). Die Erblasserin war verwitwet und hinterließ neben den Parteien drei weitere Abkömmlinge. Ein weiteres von ihr geborenes Kind ist infolge Adoption aus dem Kreise der Pflichtteilsberechtigten ausgeschieden (Bl. 91, 106 GA). Auf der Grundlage von Auskünften des Beklagten, die sich die Klägerin insoweit zu Eigen gemacht hat, bestand der Nachlass zum Zeitpunkt des Erbfalles aus einem im Grundbuch von B., Blatt XXXX, Flur XX Nrn. XXXX und XXXX/X verzeichneten Hausanwesen (... pp.), dessen Verkehrswert zum Stichtag gutachterlich mit 155.000,- Euro ermittelt wurde (Bl. 100 GA) und über dessen Berücksichtigung bei den Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen die Parteien streiten, sowie aus zwei Bankkonten mit Guthaben in Höhe von insgesamt 4.049,36 Euro. Als Passiva sind jedenfalls Beträge für ein restliches Hausdarlehen (723,74 Euro), Gutachterkosten (1.670,77 Euro) und Beerdigungskosten (6.211,57 Euro) in Abzug zu bringen (Bl. 105 GA). Die Erblasserin unterhielt außerdem zwei Lebensversicherungsverträge bei der ERGO Lebensversicherung AG, deren Todesfalleistungen sich ausweislich eines Abrechnungsschreibens vom 14. Februar 2019 (Bl. 148 GA) zum Zeitpunkt des Erbfalles auf 5.795,73 Euro und 1.078,57 Euro beliefen und die aufgrund eines entsprechenden Bezugsrechts jeweils unmittelbar an den Beklagten als Begünstigten ausbezahlt wurden.

In Ansehung des vorbezeichneten Hausanwesens hatte die Erblasserin mit ihrer Tochter K. K. im Jahre 1987 zunächst einen notariellen Erbvertrag abgeschlossen (UR Nr. XXXX/XXXX des Notars F. J. Sch., L.), der am 30. Januar 1992 von den Beteiligten vollumfänglich aufgehoben wurde (UR. Nr. XXX/XXXX des Notars F. J. Sch.). Ebenfalls am 30. Januar 1992 ließen die Erblasserin, ihre Tochter K., der Beklagte sowie die weiteren Kindern A. und H. einen "gegenständlich beschränkten Erb- und Pflichtteilsverzicht" beurkunden (UR Nr. 146/1992 des Notars F. J. Sch.). Unter Bezugnahme auf eine notarielle Urkunde Nr. 145/1992 vom selben Tage, in der die Erblasserin ihrer Tochter K. das vorbezeichnete Hausanwesen übertragen und diese sich zugleich verpflichtet hatte, zum Ausgleich für die vorstehende Übertragung an ihre Geschwister A., H. und den Beklagten jeweils einen Betrag von 20.000 DM herauszuzahlen, erklärten diese - wörtlich - Folgendes:

"Für den Fall, dass wir von unserer Schwester die uns aus der vorgenannten Urkunde zustehenden Auszahlungsbeträge von jeweils 20.000 DM (...) erhalten haben, erklären wir uns hiermit hinsichtlich des an unsere Schwester im vorgenannten Vertrag übertragenen elterlichen Hausanwesens für abgefunden und verpflichten uns hiermit, diesbezüglich keinerlei weiteren Ansprüche mehr geltend zu machen, insbesondere soweit es sich um Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche handelt."

Im Zuge eines von der Tochter K. K. und deren Ehemann gegen die Erblasserin geführten Rechtsstreites - 14 O 108/95 LG Saarbrücken - schlossen die Beteiligten am 30. Juli 1997 einen Vergleich, in dem u.a.

"die Rückübertragung des Hausanwesens ... lastenfrei Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 100.000,- Euro"

vereinbart wurde (Bl. 119 ff. GA). Mit notarieller Urkunde vom 7. August 1997 (UR Nr. XXXX/XXXX des Notars Dr. K. K., L.) schlossen die Parteien in Erfüllung dieses Vergleiches einen "Übertragungsvertrag", mit dem der vorbezeichnete Grundbesitz gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 100.000,- DM auf die Erblasserin übertragen wurde (Bl. 68 ff. GA). Die von der Klägerin in Erfüllung des "gegenständlich beschränkten Erb- und Pflichtteilsverzichts" vom 30. Januar 1992 an ihre drei Gesc...

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