Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortdauer des Betreuunterhaltsanspruchs wegen elternbezogener Gründe. Berücksichtigung von Kosten für eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Errechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens aufseiten des Unterhaltsverpflichteten. Darlegungs- und Beweislast

 

Leitsatz (amtlich)

a. Im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob elternbezogene Gründe eine Fortdauer des Betreuungsunterhaltsanspruchs gebieten können, ist der Aufwand für die Erledigung der hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil außer Betracht zu lassen. Denn die Erfüllung dieser häuslichen Pflichten ist Teil des nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB vom betreuenden Elternteil dem Kind geschuldeten Naturalunterhalt, der das Gegenstück zum Barunterhalt ist, den der andere Elternteil dem Kind schuldet.

b. Kosten für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind vom unterhaltsrelevanten Einkommen absetzbar, weil sie der Sicherung des Erwerbseinkommens des Unterhaltsverpflichteten im Falle der Krankheit - und damit in diesem Fall auch dem Unterhaltsberechtigten - dienen, ohne dass jener auf Kosten dieses eigenes Vermögen bildet (Anschluss an BGH FamRZ 2009, 1207).

c. Die dem Unterhaltsverpflichteten obliegende Darlegungs- und Beweislast für Tatsachen, die zu einer Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts führen können, umfasst auch den Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile i.S.v. § 1578 BGB entstanden sind. Allerdings erfährt diese Darlegungs- und Beweislast Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen (Anschluss an BGH, Urt. v. 24.3.2010 - XII ZR 175/08).

 

Normenkette

BGB §§ 1570, 1578b, 1606 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Ottweiler/Saar (Urteil vom 02.11.2009; Aktenzeichen 12 F 124/09 UE)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - in Ottweiler vom 2.11.2009 - 12 F 124/09 UE -teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

a) für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Februar 2009 i.H.v. insgesamt 166,92 EUR,

b) für den Zeitraum von März bis einschließlich Mai 2009 i.H.v. monatlich 275,10 EUR und

c) ab Juni 2009 monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag eines jeden Monats i.H.v. 300 EUR.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des ersten Rechtzuges werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin 1/5, dem Beklagten 4/5 zur Last.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Dem Beklagten wird für den zweiten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwältin, bewilligt, soweit er sich mit seiner Berufung dagegen wendet, dass der Klägerin Unterhalt von mehr als insgesamt 166,92 EUR für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Februar 2009 und von mehr als 275,10 EUR monatlich für den Zeitraum von März bis einschließlich Mai 2009 zuerkannt worden ist.

Das weitergehende Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die am. November 1965 geborene Klägerin und der am. Januar 1971 geborene Beklagte, beide Deutsche, heirateten am 18.8.1998. Aus der Ehe ging der Sohn A., geboren am. November 1998, hervor, der seit der räumlichen Trennung der Parteien im November 2005 bei der Klägerin lebt. Die Ehe der Parteien wurde auf der Grundlage eines im April 2007 zugestellten Scheidungsantrags durch seit dem 4.1.2008 rechtskräftiges Verbundurteil des AG - Familiengericht - in Ottweiler vom 21.11.2007 - 12 F 78/07 S - geschieden.

Aufgrund eines am 20.6.2007 zwischen den Parteien vor dem Familiengericht im Trennungs- und Kindesunterhaltsverfahren 2 F 338/07 UEUK geschlossenen Vergleichs zahlt der Beklagte an die Klägerin für A. einen Kindesunterhalt von monatlich 257 EUR. Die Parteien hielten in diesem Vergleich fest, dass Ehegattenunterhalt derzeit mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht geschuldet werde.

Die Parteien streiten zweitinstanzlich, in welcher Höhe und wie lange der Beklagte ab September 2008 verpflichtet ist, der Klägerin nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Der Beklagte ist gelernter Dreher und arbeitet seit Januar 2000 bei der Firma B.-R. AG in H., zuletzt als Prüfer im Bereich Maschinenhydraulik. Er ist ferner seit Juli 2007 im Umfang einer geringfügigen Tätigkeit bei der Firma Getränke Be. und Sohn GmbH in S. beschäftigt.

Die Klägerin ist ausgebildete Bürogehilfin und hat bis Mitte Oktober 1998 bei der Firma S. AG - zuletzt als Sekretärin - gearbeitet, wo sie 1997 ein Jahresbruttogehalt von rund 29.000 EUR bezogen hat. Danach und bis April 2002 hat sie sich dem Haushalt und der Erziehung von A. gewidmet. Seit Mai 2002 ist sie im Rahmen einer geringfügigen versicherungsfreien Tätigkeit als kaufmännische Angestellte bei der Handelsagentur S. D. beschäftigt. Von August 2006 bis Oktober 2009 hat die Kl...

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