Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorausvermächtnis. schuldrechtlicher Anspruch gegen die Erbengemeinschaft. Teilauseinandersetzung. Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten. widersprüchliches Verhalten. sachdienliche Klageänderung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Den schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft aus einem Vorausvermächtnis kann der Miterbe grundsätzlich schon vor Auseinandersetzung geltend machen.

b) Der Erbengemeinschaft steht ihrerseits ein Anspruch auf Mitwirkung des bedachten Miterben beim Vollzug des Vorausvermächtnisses vor Auseinandersetzung zu.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1967, 2038, 2046 Abs. 1 S. 1, § 2150

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 27.07.2006; Aktenzeichen 3 O 405/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.7.2006 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 3 O 405/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, der Auflassung folgenden Sondereigentums zu ihren Gunsten als (Mit-)Übertragende wie als Übernehmende (Erwerberin) zuzustimmen:

a) Miteigentum von 31, 796/1.000 an dem Grundstück Flst. Nr. .../3 der Gemarkung E.-R. verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 13 bezeichneten Wohnung mit Balkon im II. Obergeschoss und dem Kellerraum Nr. 13 im Kellergeschoss, mit einer Wohnfläche von 63,77 qm;

b) Miteigentumsanteil von 3/1.000 an dem vorbezeichneten Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr. St 13 bezeichneten Stellplatz (Tiefgarage);

c) Miteigentumsanteil von 35, 496/1.000 an dem vorbezeichneten Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 14 bezeichneten Wohnung mit Balkon im II. Obergeschoss und dem Kellerraum Nr. 14 im Kellergeschoss, mit einer Wohnfläche von 71,19 qm;

d) Miteigentumsanteil von 3/1.000 an dem vorbezeichneten Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr. St 14 bezeichneten Stellplatz im Kellergeschoss (Tiefgarage).

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist (hinsichtlich der Kosten) vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Klägerin leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 EUR.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Erbinnen ihres am 10.3.1997 verstorbenen Vaters K. H. N., der sie mit notariellem Testament vom 15.3.1994 (Blatt 5-9) zu gleichen Teilen zu seinen Erben berufen (Ziff. II.) und darüber hinaus einer jeden - "ohne Anrechnung auf den jeweiligen Erbteil, also im Voraus" - Grundbesitz vermacht hat (Ziff. III.), unter Anordnung von Testamentsvollstreckung zum Vollzug der Vermächtnisse.

Soweit der Klägerin Hausgrundbesitz in Z., [Straße], vermacht worden ist, ist das Vermächtnis erfüllt, eine Umschreibung im Grundbuch erfolgt.

Der Vollzug des Vermächtnisses zugunsten der Beklagten - betreffend zwei Eigentumswohnungen nebst Tiefgaragenstellplätze in H., [Straße] - bzw. deren Mitwirkung hierbei ist Gegenstand der vorliegenden Klage.

Mit der Klageschrift wurde die Beklagte als Testamentsvollstreckerin in Anspruch genommen, nach Bestreiten der Passivlegitimation der Beklagten der Beschluss des AG - Nachlassgericht - Zweibrücken vom 22.2.2006 (Blatt 36b/36c) veranlasst, wonach sich diese zur Annahme des Amtes des Testamentsvollstreckers binnen 2 Wochen erklären sollte, und nach Unterbleiben einer Erklärung (vgl. Schreiben des AG Zweibrücken vom 21.3.2006; Blatt 39) alsdann mit Schriftsatz vom 22.3.2006 (Blatt 37 f.) im Hinblick auf die "veränderte Rechtsposition" der Beklagten ein neuer Antrag angekündigt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei schon im Hinblick auf die zur Zeit ihr - der Klägerin - als Mitglied der ungeteilten Erbengemeinschaft zur Last fallenden, laufenden Kosten der beiden vermachten Eigentumswohnungen verpflichtet, diese unverzüglich auf sich umschreiben zu lassen.

Das LG hat die Klage durch Urteil vom 27.7.2006 (Blatt 91-96), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei Würdigung des Inhaltes des klägerischen Schriftsatzes vom 22.3.2006 (Blatt 37 f.) sowie der abschließend gestellten Anträge sei davon auszugehen, dass die Beklagte nach wie vor als Testamentsvollstreckerin in Anspruch genommen werde, welches Amt sie indessen gar nicht angenommen habe. Zudem begehre die Klägerin vorliegend eine unzulässige Teilauseinandersetzung.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Sie rügt vorab, der Erstrichter habe nicht zur Kenntnis genommen, dass sie ihre Anträge umformuliert und die Beklagte nicht mehr als Testamentsvollstreckerin in Anspruch genommen habe. Soweit dies unter Umständen eine Klageänderung darstelle, sei diese jedenfalls s...

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