Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 22.03.2006; Aktenzeichen 14 O 157/05) |
Tenor
I. Das Urteil des LG Saarbrücken vom 22.3.2006 - 14 O 157/05 - wird abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 383.468,91 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.11.2001 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte, mit Ausnahme der gemäß Zwischenurteil des Senats vom 5.9.2007 dem Zeugen T. auferlegten Kosten des Zwischenstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 383.468,91 EUR festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger nehmen als Pfändungsgläubiger die beklagte Versicherung aus einem Vermögensschadenshaftpflichtversicherungsvertrag des Zeugen N. H. T. in Anspruch. Der Zeuge war als Rechtsanwalt tätig gewesen. Seit 1989 bis zum 11.11.1998 war er bei der Beklagten gegen Vermögensschäden mit einer Deckungssumme von 1.000.000 DM (= 511.291,88 EUR) je Versicherungsfall haftpflichtversichert (Bl. 94 d.A.). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses belief sich die Pflichtversicherungssumme für Rechtsanwälte unstreitig auf 500.000 DM (Bl. 83, 151 d.A.). Die damals geltenden, vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen genehmigten Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (AVB, Bl. 131 d.A.) enthielten in § 4 Nr. 5 folgende Bestimmung (vgl. hierzu die Feststellungen des LG auf S. 2 des Urteils vom 22.3.2006, Bl. 151 d.A.):
"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche [...] wegen Schadensverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung."
Der Zeuge wurde im Sommer 1991 von einer aus den Klägern und einem Herrn K. A. bestehenden Erbengemeinschaft beauftragt, deren Interessen ggü. der früheren Treuhandanstalt (später Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben - BvS) bezüglich der Rückgabe eines Grundstücks wahrzunehmen. Dieses wurde zu einem Preis von 21,46 DM/qm verkauft. Der Zeuge schloss für die Kläger mit der BvS einen Vertrag über die Auskehr des Erlöses und die Feststellung des Verkehrswerts. Weil über diesen keine Einigkeit bestand, wurde in § 3 der Vereinbarung Folgendes geregelt (Bl. 44 der Beiakte 1 O 14/99 des LG Berlin):
"Die Berechtigte behält sich vor, bis zum 31.12.1997 wegen der Erstattung eines höheren Verkehrswertes für das in § 1 Ziff. 2 bezeichnete Grundstück weitergehende Forderungen vor den Zivilgerichten geltend zu machen."
Ende 1997 erhielt der Zeuge von der Erbengemeinschaft den Auftrag, die in Ziff. 3 der Vereinbarung bezeichneten Forderungen gerichtlich geltend zu machen, wobei streitig ist, ob die Kläger explizit die Anweisung zur unmittelbaren Erhebung einer Klage gegeben haben (Bl. 28, 29, 123/124 d.A.). Unter dem 18.12.1997 leitete der Zeuge den Klägern einen Klageentwurf an das LG Potsdam zu (Bl. 102 d.A.) mit der Aufforderung (Bl. 106 d.A.), über die ihm zustehenden Gebühren und den von ihm errechneten Gerichtskostenvorschuss (drei Gerichtsgebühren i.H.v. insgesamt 23.115 DM) zwei getrennte Verrechnungsschecks zu übersenden, was unter dem 29.12.1997 auch geschah. Der Zeuge löste die Schecks ein, auf welches Konto ist streitig (Bl. 29, 65 d.A.). Jedenfalls wurde der Betrag nicht auf das im Briefkopf der Kanzlei bezeichnete Konto eingezahlt. Der Zeuge leitete Ende 1997 beim AG Wedding ein Mahnverfahren ein. Der Mahnbescheid wurde am 7.1.1998 erlassen und am 19.1.1998 zugestellt. Am 7.1.1998 wurde auch eine Kostenrechnung über eine halbe Gerichtsgebühr i.H.v. 3.852,50 DM abgesandt; ob und wem diese zugegangen ist, ist streitig. Das BvS legte Widerspruch ein. Zunächst leitete der Zeuge T. weder die halbe Gebühr für das Mahnverfahren noch die weiteren 2,5 Gebühren gemäß Kostenanforderung des AG Wedding an die Gerichtskasse weiter (Bl. 6, 7 der Beiakte 1 O 14/99 des LG Berlin). Erst nach Anmahnung der Gebühren bei Herrn H.- G. A. unter dem 10.6.1998 (vgl. Bl. 9 der Beiakte 1 O 14/99 des LG Berlin) überwies der Zeuge zunächst die Kosten für den Mahnbescheid und übermittelte unter dem 2.7.1998 dem AG Wedding sodann die Anspruchsbegründung betreffend eine Klageforderung i.H.v. 1.524.235,36 DM, zahlte zugleich die restlichen Gerichtsgebühren ein und beantragte, den Rechtsstreit an das LG Potsdam abzugeben (Bl. 107 d.A.). Die beklagte BvS wandte u.a. ein, dass die in § 3 der Vereinbarung vom Juni 1997 statuierte Frist für die gerichtliche Geltendmachung versäumt sei (Bl. 69 der Beiakte 1 O 14/99 des LG Berlin). Die Prozessbevollmächtigten der Kläger vertraten hingegen die Ansicht, dass der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids die Frist gewahrt habe (Bl. 90 der Beiakte 1 ...