Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung fiktiven Einkommens in Ansehung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit ggü. einem minderjährigen Kind
Leitsatz (redaktionell)
Einem ggü. einem minderjährigen Kind Unterhaltsverpflichteten ist im Hinblick auf seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit zumutbar, sich nach letztlich erfolglos gebliebenen Bemühungen um eine Vollzeittätigkeit in qualifizierten Tätigkeitsbereichen zumindest auch um eine Nebentätigkeit – selbst geringer qualifizierter Art – zu bemühen.
Normenkette
BGB §§ 242, 313, 1601, 1603 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Merzig (Urteil vom 26.03.2008; Aktenzeichen 20 F 112/07 UK) |
Tenor
Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das am 26.3.2008 verkündete Urteil des AG - FamG - in Merzig - 20 F 112/07 UK - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage und der weiter gehenden Widerklage wird der am 13.8.2003 vor dem AG - FamG in Merzig geschlossene Teilvergleich - 20 F 366/03 EA I - teilweise dahin abgeändert, dass der vom Kläger an den Beklagten, den am 9.4.1993 geborenen P. S., zu zahlende Kindesunterhalt für die Zeit ab August 2009 monatlich 295 EUR beträgt.
Die weiter gehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 93 % und der Beklagte 7 %. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der Entscheidung des FamG.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Aus der durch Urteil des AG - FamG - in Merzig vom 12.5.2004 - 20 F 366/03 - rechtskräftig geschiedenen Ehe des Klägers sind zwei Kinder -die. November 1986 geborene Tochter S. und der am. April 1993 geborene, derzeit 16 Jahre alte Beklagte - hervorgegangen. Der Beklagte lebt seit der Trennung der Eltern im April 2002 im Haushalt der Mutter, die ihn versorgt und betreut.
In einem am 13.8.2003 im Rahmen des Scheidungsverfahrens geschlossenen Teilvergleich - 20 F 366/03 EA I - verpflichtete sich der Kläger u.a., beginnend ab August 2003 monatlichen Kindesunterhalt für S. i.H.v. 307 EUR und für den Beklagten i.H.v. 249 EUR zu zahlen (Ziff. 4). Als Vergleichsgrundlagen wurden ein unterhaltsrelevantes monatliches Einkommen des Beklagten, der seinerzeit Krankengeld i.H.v. monatlich 2.080 EUR bezog, nach Abzug von Hauslasten sowie Beiträgen zur Lebensversicherung i.H.v. 1.536,47 EUR sowie ein Unterhaltsbedarf beider Kinder nach Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle genannt.
Der am. Februar 1961 geborene, derzeit 48 Jahre alte Kläger ist gelernter Datenverarbeitungskaufmann. Er war zuletzt als Leiter der EDV bei der [Firmenname] beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig mit Schreiben vom 29.10.2003 zum 31.5.2004 gekündigt. Seither ist der Kläger nahezu durchgehend - mit Ausnahme einer etwa vierwöchigen Unterbrechung durch einen "1-Euro-Vertrag" im Rahmen einer Maßnahme bei der "N. A." der Diakonie E. gGmbH im Mai/Juni 2006 - arbeitslos. Seit September 2005 hat er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen, im Klagezeitraum i.H.v. zunächst 727,30 EUR (abzgl. Ableitungen i.H.v. 80 EUR) bzw. 649,30 EUR ab November 2007. Seit 11.3.2008 war der Kläger krankgeschrieben. Durch Bescheid des Oberbürgermeisters der Stadt E. vom 21.5.2008 wurde ein Behinderungsgrad von 40 % festgestellt. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 25.6.2009 wurde dem Kläger beginnend mit dem 1.10.2008 eine bis zum 31.3.2011 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung i.H.v. monatlich (netto) 936,46 EUR bewilligt. Die Nachzahlung für die Zeit von 1.10.2008 bis 31.7.2009 i.H.v. 9.140,47 EUR wird vorläufig nicht ausgezahlt. Weiterhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.8.2009 auf eine beantragte Zusatzrente i.H.v. monatlich (brutto 401,87 EUR, voraussichtlich netto) 320 bis 340 EUR hingewiesen und weiter angekündigt, die laufenden Unterhaltszahlungen in titulierter Höhe an den Beklagten wieder aufzunehmen. Der Beklagte befindet sich weiterhin in allgemeiner Schulausbildung.
Eine vom Beklagten im Jahr 2006 erhobene Abänderungsklage mit dem Ziel der Erhöhung des im Vergleich vereinbarten Unterhalts auf 100 % des Regelbetrages der dritten Altersstufe gem. § 1 RegelbetragVO abzgl. anrechenbaren Kindergeldes wurde durch Urteil des AG - FamG - in Merzig vom 13.6.2007 - 20 F 89/06 UK - abgewiesen. Ein Rechtsmittel wurde hiergegen nicht eingelegt.
Mit seiner am 22.6.2007 beim AG - FamG - in Merzig eingegangenen, dem Beklagten am 20.12.2007 zugestellten Klage hat der Kläger die Abänderung des Teilvergleichs vom 13.8.2003 - 20 F 366/03 EA I - dahin erstrebt, dass er dem Beklagten ab 1.6.2007 keinen Unterhalt mehr schuldet. Er hat sich im Wesentlichen auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen.
Der Beklagte hat erstinstanzlich auf Klageabweisung angetragen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG die Klage abgewiesen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein er...