Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Unterhalt:Berücksichtigung der Veräußerung des hälftigen Miteigentumsanteils an einem Hausgrundstück an den Ehepartner. Nachehelicher Unterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

Veräußert ein Ehegatte seinen hälftigen Miteigentumsanteil am ehelichen Hausanwesen an den Ehepartner, so besteht unterhaltsrechtlich kein rechtfertigender Grund, den Ehegatten schlechter zu stellen als im Fall der Veräußerung an einen Dritten. Zur Erzielung eines angemessenen Ergebnisses erachtet es der Senat daher für geboten, in diesen Fällen eine Vermögensumschichtung vorzunehmen, bei der die Verhältnisse unterstellt werden, wie sie sich bei Verkauf von einem Dritten darstellen würden.

 

Normenkette

BGB §§ 1572, 1578

 

Verfahrensgang

AG St. Ingbert (Urteil vom 17.07.2003; Aktenzeichen 4 F 330/99 UE)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG - FamG - in St. Ingbert v. 17.7.2003 - 4 F 330/99 UE - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt zu zahlen wie folgt:

v. 15.3.2004 bis 30.6.2004 monatlich 1.119 Euro,

v. 1.7.2004 bis 31.8.2004 monatlich 1.161 Euro und ab 1.9.2004 monatlich 1.331 Euro.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 15 % und dem Beklagten zu 85 % auferlegt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 20 % und der Beklagte zu 80 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

 

Gründe

I.

Die im Dezember 1985 geschlossen Ehe der Parteien, aus der der zwischenzeitlich volljährige Sohn M., geboren am August 1985, und der noch minderjährige Sohn M2, geboren am Dezember 1986, hervorgegangen sind, ist nach erfolgter Trennung - zunächst im vormals ehelichen Hausanwesen - im Oktober 1998 - und anschließender räumlicher Trennung im April 1999 - seit 15.3.2004 rechtskräftig geschieden.

Die Parteien streiten zweitinstanzlich, ob der Beklagte der Klägerin für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt von mehr als 359,14 Euro monatlich schuldet.

Die am Mai 1945 geborene, derzeit 59-jährige Klägerin ist österreichische Staatsangehörige. Bei der Ehe mit dem Beklagten handelte es sich um ihre zweite Ehe. Aus ihrer ersten Ehe sind drei bereits volljährige, wirtschaftlich unabhängige Kinder hervorgegangen. Die Klägerin verfügt über keine Berufsausbildung. Während des Zusammenlebens der Parteien ist sie keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen. Ab Mitte April 2002 war sie beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet. Seit 19.3.2004 ist sie im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses als Telefonistin tätig. Ihre hieraus erzielte Vergütung hat sich bis einschließlich Juni 2004 auf insgesamt rund 2.923 Euro belaufen. Für ihre private Kranken und Pflegeversicherung hat die Klägerin im März 2004 267,81 Euro aufgewendet. Ab April 2004 betragen die Beiträge monatlich 626,60 Euro.

Infolge der Geltendmachung des begrenzten Realsplittings hat die Klägerin im Jahr 2004 Steuern von insgesamt 444 Euro zu entrichten.

Im Haushalt der Klägerin leben die beiden gemeinsamen Söhne der Parteien. Mit Beschluss des AG - FamG - in St. Ingbert v. 17.4.2001 - 4 F 330/99 So - wurde der Klägerin, nachdem vom Sachverständigen Dr. med. D. unter dem 20.11.2000 ein Sachverständigengutachten erstellt worden war, die alleinige elterliche Sorge für die beiden Söhne übertragen.

Die Entwicklung des derzeit rund 17 1/2 Jahre alten Sohnes M2 ist verzögert, weil bei ihm infolge extremer Frühgeburt durch mangelnde Sauerstoffversorgung des Gehirns eine Schädigung mitbedingt wurde. Infolgedessen fand seine Aufnahme in die Grundschule erst mit 7 Jahren statt. Nachdem M2 nach dem Besuch der Grundschule zunächst bis zur Klasse 6 die Haupt- bzw. die erweiterte Realschule besucht hatte, wechselte er nach Versetzung in die 7. Klasse in die ...-schule, eine heilpädagogische freie Waldorfschule, in ... .

Der volljährige Sohn M. hat seine Schulausbildung unterbrochen. Ab 1.10.2004 wird er Ersatzdienst ableisten. Danach beabsichtigt er, seine Schulausbildung auf einer Fachoberschule fortzusetzen.

Der am November 1947 geborene, derzeit 56-jährige Beklagte ist nach dem Auszug der Klägerin und der beiden gemeinsamen Söhne aus dem vormals ehelichen, im hälftigen Miteigentum der Parteien stehenden Hausanwesen in Anfang April 1999 - zunächst jedenfalls - dort verblieben.

Nach einem von ihm vorgelegten Mietvertrag hat er zum 1.8.2002 eine 1-Zimmer/Küche/Bad-Wohnung (ca. 35 m2) in zu einem Mietpreis von 300 Euro monatlich angemietet und bei der dortigen Meldebehörde seinen Wohnsitz unter Angabe eines Einzugsdatums v. 1.9.2002 mit Schreiben v. 20.10.2002 angemeldet.

Ob er das vormals eheliche Hausanwesen dennoch weiterbewohnt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls ist dies derzeit seine aktuelle, ladungsfähige Anschrift, während die Ladung des Beklagten zum Termin unter seiner Adresse nicht möglich war.

Der Beklagte hatte im Februar 2003 bezüglich des vorm...

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