Leitsatz (amtlich)
1. Ein Recht des Käufers zum Rücktritt ohne Gewährung eines zweiten Nachbesserungsversuchs kann zu bejahen sein, wenn dem Verkäufer beim ersten Nachbesserungsversuch gravierende Ausführungsfehler unterlaufen oder dieser Nachbesserungsversuch von vornherein nicht auf eine nachhaltige, sondern nur eine provisorische Mängelbeseitigung angelegt war (Anschluss an OLG Hamm, Urt. v. 10.3.2011 - 28 U 131/10, NJW-RR 2011, 1423 f.; hier: Arbeiten an der Zahnriemen-Spannrolle vor dem Hausanwesen des Käufers).
2. Im Rahmen des § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB kann ein vom Verkäufer behaupteter Einkaufspreis nicht ohne weiteres mit dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand gleichgesetzt werden.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 30.12.2011; Aktenzeichen 12 O 347/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Saar-brücken vom 30.12.2011 (Aktenzeichen 12 O 347/10) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger kaufte von der Beklagten, welche das "N. Autocenter" betreibt, mit Urkunde vom 28.11.2008 einen Pkw Ford Focus 1,8. In der Urkunde sind als Datum der Erstzulassung der 3.7.2000 und als Tachostand 77.000 km vermerkt. Der Kaufpreis, dessen Höhe allerdings zwischen den Parteien streitig ist, wurde gezahlt. Drei Tage nach Übergabe des Fahrzeugs führte ein Mitarbeiter der Beklagten auf eine Mängelanzeige des Klägers hin vor dessen Hausanwesen Reparaturarbeiten an dem Pkw durch, deren Gegenstand ebenfalls streitig ist. Am 28.1.2009 kam es zu einem Motorschaden. In dem vom Kläger eingeholten Gutachten des Sachverständigen W. vom 13.5.2009 wurde festgestellt, dass alle vier Kolbenböden Kontakt mit den acht Auslassventilen hatten und der Schaden durch Einbau eines Austauschmotors behoben werden müsse. Alleinige Schadensursache seien erhebliche Fehler bei der Montage des Zahnriemens. Den Austausch ließ der Kläger bei der Firma Autohaus B., zum Preis von 4.621,02 EUR durchführen. Mit Anwaltsschreiben vom 6.8.2009 forderte der Kläger die Beklagte unter Bezugnahme auf ein früheres Anwaltsschreiben vom 5.2.2009, dessen Zugang die Beklagte bestritten hat, zur Zahlung von 5.856,89 EUR nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 546,69 EUR bis zum 20.8.2009 auf.
Der Kläger hat die Beklagte auf Ersatz der Reparaturkosten von 4.621,02 EUR und der Kosten des Privatgutachtens i.H.v. 1.070,41 EUR, insgesamt 5.691,43 EUR, von Zinsen für die Finanzierung der Reparaturkosten i.H.v. 8,37 v.H. seit dem 3.3.2009 und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 546,69 EUR in Anspruch genommen. Er hat behauptet, der Kaufpreis habe 4.650 EUR betragen. Auf seine Mängelrüge hin habe der Mitarbeiter der Beklagten eine Reparatur am Spannrad des Steuerzahnriemens durchgeführt. Den Motorschaden vom 28.1.2009 habe er der Beklagten angezeigt, woraufhin ihn diese auf die Garantieversicherung verwiesen habe, die jedoch nicht eingetreten sei. Mit Anwaltsschreiben vom 5.2.2009 sei die Beklagte unter Fristsetzung zum 19.2.2009 zur Nacherfüllung aufgefordert worden, habe das an sie gerichtete Einschreiben gegen Rückschein jedoch trotz Hinterlegung nicht entgegen genommen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.691,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8,37 v.H. aus 4.621,02 EUR seit dem 3.3.2009 sowie eine Nebenforderung i.H.v. 546,69 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Kaufpreis habe 2.000 EUR betragen. Von einem ihrer Mitarbeiter sei in der Tat an der Spannrolle gearbeitet worden, doch sei keine Erneuerung des Zahnriemens vorgenommen worden. Es seien jedoch keine erheblichen Einstellfehler bei der Montage und Einstellung der Spannrolle gemacht worden. Mit einem mangelhaften Zahnriemen bzw. einer nicht ordnungsgemäß montierten Spannrolle wäre es auch nicht möglich gewesen, eine Strecke von rund 6.000 km zurückzulegen. Im Schriftsatz vom 25.10.2011 hat die Beklagte dargelegt, es sei nicht am Spannrad des Steuerzahnriemens, sondern an der Keilriemen-Spannrolle gearbeitet worden. Die Beklagte hat geltend gemacht, ihr sei keine Möglichkeit zur Nacherfüllung eingeräumt worden. Von dem Versuch einer Zustellung eines Schreibens vom 5.2.2009 sei der Beklagten nichts bekannt. Sie habe auch keine Benachrichtigung über ein Einschreiben im Briefkasten vorgefunden. Überdies habe der Kläger den Reparaturauftrag bereits am 29.1.2009 erteilt. Außerdem hat die Beklagte die Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten bezweifelt, weil der Kläger zwischen dem 28.1.2009 und dem Datum der Beauftragung des Sachverständigen am 19.3.2009 ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt habe, sich wegen der Nacherfüllung mit der Beklagten ins Benehmen zu setzen. Schließlich hat die Beklagte die Inanspruchnahme von Kredit zum angegebenen Zinssatz bestritten.
Mit dem am 30.12.2011 verkündeten Urteil (Bl. 101 ff. d.A.) hat das LG nach dem Klageant...