Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur verjährungshemmenden Anspruchsanmeldung nach § 3 Nr. 3 PflVG
Leitsatz (amtlich)
Die pauschale Anspruchsanmeldung nach § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG hemmt die Verjährung solcher Ansprüche, auf die sich die Anmeldung erkennbar bezieht. Meldet der Sozialversicherer eigene Ansprüche an, die aus Anlass des Unfalls nach den (damals) maßgeblichen sozialrechtlichen Vorschriften "auf den Anmelder übergegangen sind oder noch übergehen werden", so werden von dieser Anmeldung Ansprüche des Geschädigten wegen vermehrter Bedürfnisse nach § 843 BGB im Regelfall nicht erfasst, wenn die Anspruchsanmeldung vor Inkrafttreten der Pflegeversicherung geschah.
Normenkette
BGB §§ 843, 852 a.F.; PflVG § 3 Nr. 3. S. 3
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 3 O 421/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Saarbrücken vom 4.5.2005 - 3 O 421/04 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.573,81 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte aus übergegangenem Recht ihres Versicherten J. M. auf Erstattung von Leistungen aus der Pflegeversicherung in Anspruch.
Der Versicherte erlitt am 3.3.1982 einen Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des damaligen Haftpflichtversicherers des Unfallgegners zu 75 % einstandspflichtig ist. Der Versicherte erlitt infolge des Unfalles u.a. eine Plexuslähmung des rechten Arms. Seit 1994 verschlechterte sich der Zustand des Versicherten, so dass dem Versicherten der rechte Arm amputiert werden musste. Die Parteien konnten sich nicht darauf verständigen, ob das Unfallereignis für die Verschlechterung des Gesundheitszustandes ursächlich war. Die Klägerin erbrachte zunächst Leistungen der Kranken- und Rentenversicherung, seit dem 1.4.2001 auch Leistungen aus der Pflegeversicherung.
Der Versicherte führte im Jahr 2002 vor dem LG Saarbrücken unter dem Az. 3 O 47/02 einen Rechtsstreit gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten, in dem er die Erstattung seines Einkommensschadens geltend machte. Mit einem Schreiben vom 2.12.2002 (Bl. 33 d.A.) wandte sich die Klägerin an die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Das Schreiben lautet auszugsweise:
"Wir kommen zurück auf den zuletzt im März 2001 geführten Schriftwechsel. Das Rentenverfahren unseres Versicherten ist inzwischen rechtskräftig abgeschlossen. Mithin bezieht Herr M. nach wie vor Rente wegen Berufsunfähigkeit. Wir erfahren jetzt, dass im Direktbereich ein Zivilprozess anhängig ist. In dem Verfahren vor dem LG wird auch die Kausalitätsfrage geklärt werden. Im Hinblick auf die festgefahrenen Verhandlungen schlagen wir vor, den rechtskräftigen Abschluss des Zivilrechtsstreits abzuwarten. Rein vorsorglich bitten wir auch, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten."
Mit Schreiben vom 19.12.2002 antwortete die Rechtsvorgängerin der Beklagten (Bl. 11 d.A.). Das Schreiben lautet auszugsweise:
"Wir können selbstverständlich den rechtskräftigen Abschluss des Zivilrechtsstreits ... abwarten. Bis zum Ablauf eines Jahres ab Rechtskrafterlangung der Entscheidung werden wir uns Ihnen gegenüber nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Wir werden Sie informieren, sobald eine Entscheidung ergangen ist."
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8.12.2003 nahm der Versicherte seine Klage zurück. Die Klägerin wurde durch den Prozessbevollmächtigten des Versicherten vom Ende des Prozesses informiert.
Erstmals mit Schreiben vom 3.9.2004 (Bl. 12 d.A.) forderte die Klägerin die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf, die zwischenzeitlich angefallenen, unfallbedingten Aufwendungen der k. Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten. Mit Blick darauf, dass der Versicherte gegen eine die Rentenleistung betreffende Entscheidung des Sozialgerichts Saarbrücken Berufung eingelegt hatte, bat die Klägerin weiterhin um Bestätigung, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Zurückstellung der Abrechnung der Barleistungen einverstanden sei und sich auch künftig nicht auf Verjährung berufen werde.
Mit Schreiben vom 13.10.2004 (Bl. 16 d.A.) verzichtete die Beklagte hinsichtlich der Abrechnung der Barleistungen bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Landessozialgericht "insoweit" auf die Einrede der Verjährung. Im gleichen Schreiben bat die Beklagte darum, die medizinischen Unterlagen über die Amputation des plexuslädierten Armes vorzulegen, damit die Beklagte die Kausalität prüfen könne. Ebenso bat die Beklagte darum, die ärztlichen Gutachten hinsichtlich der Pflegekoste...