Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Schätzung des nach Kündigung eines Pauschalpreiswerkvertrags auf die erbrachten Teilleistungen entfallenden Werklohns
Leitsatz (amtlich)
1. Eine im Prozess vorgelegte Kostenaufstellung kann die Voraussetzungen einer Schlussrechnung erfüllen und die Fälligkeit der Werklohnforderung herbeiführen, sofern der Prozessgegner mehr als zwei Monate auf das vorgelegte Zahlenwerk schweigt.
2. Bei einer nicht prüffähigen Abrechnung kann das Gericht gehalten sein, die Höhe des geschuldeten Werklohnes gem. § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen.
3. Eine bei Abschluss des Werkvertrags getroffene Skontoabrede besitzt im Regelfall nicht den Erklärungsgehalt, dass der Besteller auch den erst durch das Gericht festgestellten Werklohn skontieren darf.
4. Die Erneuerung eines Beweisantrags kann rechtsmissbräuchlich erscheinen, wenn die Partei aus Kostengründen zunächst damit einverstanden war, dass der gerichtlich beauftragte Sachverständige die Beweisfragen an repräsentativen, in Absprache mit den Parteien festgelegten Örtlichkeiten beantworten soll.
Normenkette
BGB a.F. § 631; BGB §§ 649, 242; ZPO §§ 287, 282; VOB/B § 2 Nr. 7
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 17.06.2007; Aktenzeichen 7 III O 27/98) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des LG Saarbrücken vom 17.6.2005 - 7 III O 27/98 - mit der Maßgabe abgeändert, dass die Klage (endgültig) abgewiesen wird.
2. Die Klägerin trägt zwei Drittel, die Beklagte ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Zwangsvollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
4. Der Streitwert wird auf 250.804,86 EUR festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die klagende Bauunternehmung die Beklagte auf Zahlung von Werklohn nach gekündigtem Pauschalpreisvertrag für die von ihr erbrachten Teilleistungen in Anspruch.
Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 16.7.1997 (Anlage K 1; GA I Bl. 6), an dem Bauvorhaben der Beklagten in S.-D., Straße, Nr..., für das Haus III die Erd-, Kanal-, Maurer- und Betonarbeiten zu einem Bruttopauschalpreis von 875.000 DM auszuführen. Grundlage der Pauschalpreisvereinbarung war ein Angebot der Firma H. & S. GmbH.
Gemäß der Vertragsbestimmung II.1.5 sollten die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der zur Zeit der Unterzeichnung des Vertrages geltenden Fassung Vertragsbestandteil sein. Zuvor hatte die Klägerin in ihrem Angebot auf die Geltung der VOB/B verwiesen. In einer weiteren Vertragsbestimmung wurde die Gewährleistungsfrist in Abweichung von § 13 Nr. 4 VOB/B auf fünf Jahre ab Abnahme festgelegt.
Die nach Zeitplan vereinbarungsgemäß erstellten Abschlagsrechnungen wurden von der Beklagten bis einschließlich der 5. Abschlagsrechnung beglichen. Am 27.11.1997 erstellte die Klägerin die 6. Abschlagsrechnung (Anlage K 2; GA I Bl. 14), die sich unter Abzug eines vorläufigen Sicherheitseinbehaltes von 5 % auf 57.000 DM belief. Darüber hinaus berechnete die Klägerin mit der Rechnung vom 30.10.1997 (K 3; GA I Bl. 15) Mehrkosten für die Erstellung der Betonplatte des Hauses III i.H.v. 50.899,18 DM.
Am 3.12.1997 stellte die Klägerin ihre Arbeiten ein; sie mahnte mit Schreiben vom 8.12.1997 und 16.12.1997 die Klägerin zur Zahlung der Rechnungen an. Mit Anwaltsschreiben vom 12.12.1997 (K 6; GA I Bl. 51 ff.) und vom 18.12.1997 (K 7 GA I Bl. 56) erwiderte die Beklagte, dass die behaupteten Behinderungen zu Unrecht geltend gemacht worden seien und eine Zahlung solange nicht erfolge, bis die Arbeiten wieder ordnungsgemäß von der Klägerin aufgenommen worden seien. Mit Anwaltsschreiben vom 16.2.1998 (GA I Bl. 25 ff.) forderte die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung zum 18.2.1998 auf, die vertraglich geschuldete Arbeit wieder aufzunehmen. Nachdem auch diese Frist fruchtlos verstrichen war, erklärte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 27.2.1998 (GA I Bl. 27) ggü. der Klägerin, dass eine weitere Vertragserfüllung abgelehnt werde und die Klägerin auf Schadensersatz und auf die vereinbarte Vertragsstrafe in Anspruch genommen werde. Hilfsweise wurde der Werkvertrag unter Hinweis auf § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B gekündigt.
Die Klägerin legte zunächst mit Schriftsatz vom 11.12.1998 eine Kostenberechnung hinsichtlich der erbrachten Leistungen vor (K 14; GA I Bl. 75 ff.). Mit Schriftsatz vom 15.4.1999 stellte die Klägerin in einer neuen Kostenberechnung diesen Leistungen die nicht erbrachten Leistungen gegenüber (K 18; GA I Bl. 133 ff.). Mit Schriftsatz vom 17.8.1999 bezeichnete die Klägerin die vorgelegten Kostenberechnungen teilweise als falsch und legte neue Kostenberechnungen in den Anlagen K 19 und K 20...