Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Insolvenzanfechtung sicherheitshalber abgetretener Forderungen aus als "Mietverträgen" bezeichneten Kundenverträgen
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Forderungserwerb aufgrund einer Vorausabtretung Gegenstand einer Insolvenzanfechtung, so treten die Rechtswirkungen der Rechtshandlung (§ 140 Abs. 1 InsO) im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung, nicht bereits mit dem Abschluss der Globalzession ein.
2. Für die Berechnung des Entstehenszeitpunkts kommt es nicht darauf an, ob die abgetretenen Forderungen als Mietzinsforderungen im Rechtssinne befristete oder als Kaufpreisforderungen aus Ratenkaufverträgen betagte Forderungen sind.
Normenkette
InsO § 51 Nr. 1, § 130 Abs. 1, § 135 Abs. 2, § 140; BGB § 398
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 21.09.2006; Aktenzeichen 6 O 199/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Saarbrücken vom 21.9.2006 - 6 O 199/04 - abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage hinsichtlich der weitergehenden Zinsforderung verurteilt, an die Klägerin 18.164,54 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.119,37 EUR seit dem 13.7.2001 und aus weiteren 2.045,17 EUR seit dem 19.6.2004 zu zahlen.
I. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.164,54 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die beklagte Insolvenzverwalterin einen Absonderungsanspruch geltend, den sie aus der Sicherungsabtretung von Forderungen der Schuldnerin gegenüber deren Kunden herleitet. Die Klägerin war zu 18 % Mitgesellschafterin der späteren Schuldnerin, der M. T. H. S. GmbH, die einen Fachhandel für Elektro- und Haushaltsgeräte inklusive Wartung und Kundendienst in [Ort] betrieb und deren Mehrheitsgesellschafter Herr O. H., der Bruder der Klägerin, war. Die GmbH schloss mit ihren Kunden als "Mietvertrag" bezeichnete Vereinbarungen über Elektrogeräte, aufgrund derer die Kunden für die Überlassung der Geräte gegen Kautionsleistung einen monatlichen "Mietzins" zahlten. Am Ende der vetraglich bestimmten Laufzeit stand den Kunden die Möglichkeit zu, bei Verrechnung der Kaution Eigentümer des Gerätes zu werden.
Die Klägerin, die in dem Betrieb als Verkäuferin beschäftigt war, gewährte der GmbH am 31.3.1998 ein Darlehen über 70.000 DM "zur Finanzierung der Mietverträge an Endverbraucher" (GA I 6), das zunächst bis zum 31.12.2000 befristet wurde. Zur Sicherheit wurden der Klägerin "die Forderungen aus den bestehenden Mietverträgen A - Z" abgetreten (GA I 6). Eine Teilrückzahlung i.H.v. 27.000 DM erfolgte vereinbarungsgemäß am 31.12.1998 durch Verrechnung mit der noch ausstehenden Gesellschaftereinlage der Klägerin. Mit einem vom 29.12.2000 datierenden Nachtrag wurde der Darlehensbetrag bis zum 30.6.2001 prolongiert (GA I 7).
Im Zeitraum vom 3.7.2001 bis 12.7.2001 wurde der Klägerin ein Barbetrag von insgesamt 20.000 DM aus der Kasse ausgehändigt. Die Beklagte wurde auf den Insolvenzeröffnungsantrag vom 13.7.2001 mit Beschluss des AG Saarbrücken (58 IN 153/01) vom selben Tag zur vorläufigen starken Insolvenzverwalterin und mit Eröffnungsbeschluss vom 1.10.2001 (GA I 5) zur (endgültigen) Insolvenzverwalterin bestellt. Sie forderte aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung die Barentnahmen von der Klägerin zurück. Diese wurde mit Urteil des Saarländischen OLG vom 4.9.2003 (BA 8 U 122/03-29, 208 ff.) zur Rückzahlung eines am 12.7.2001 entnommenen Betrags i.H.v. 2.045,17 EUR gem. § 130 I Nr. 1 InsO mit der Begründung verurteilt, die Schuldnerin sei spätestens zum 30.6.2001 zahlungsunfähig gewesen, wovon die Klägerin ein oder zwei Tage vor dem Eröffnungsantrag Kenntnis erlangt habe.
Das Darlehen valutierte zum 12.7.2001 i.H.v. 16.119,37 EUR. Die Beklagte zog seit dem 13.7.2001 monatliche Forderungen aus den mit den Kunden der Schuldnerin abgeschlossenen Verträgen für die Insolvenzmasse ein. Am 13.2.2004 teilte sie der Klägerin auf Anfrage mit, sie habe aus den Geräte-Mietverträgen bis zum 31.12.2003 insgesamt 31.556,12 EUR vereinnahmt (GA I 40). Bei den eingezogenen Forderungen handelt es sich sämtlich um solche aus Kundenverträgen, die vor dem 13.7.2001 geschlossen wurden.
Die Klägerin hat Rückzahlung des Restdarlehens i.H.v. 16.119,37 EUR sowie Rückzahlung des aufgrund des vorgenannten Urteils des Saarländischen OLG an die Beklagte gezahlten Betrags i.H.v. 2.045,17 EUR verlangt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, die Schuldnerin habe ihr mit der Vereinbarung vom 31.3.1998 nicht nur die Forderungen aus den zum Zeitpunkt des Darlehensvertrags bestehenden Mietverträgen mit ihren Kunden abgetreten, sondern auch aus allen künftig noch abzuschließenden Verträgen. Sie hat die Auffassung vertreten, es handele sich bei den mit den Kunden abgeschlossenen Verträgen entgegen deren Wortlaut nicht um Miet-, sondern um Ratenkauf-, Leasing- oder Mietkaufverträge. Es lägen daher betagte Forderungen...