Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Gefälligkeit und Auftrag; Beweislast des Beauftragten über Verbleib ihm überlassener Geldbeträge/Reichweite der Interventionswirkung eines Vorprozesses
Leitsatz (amtlich)
1. Wer die ordnungsgemäße Weiterleitung über einen Gesamtbetrag von 50.000 DM ausgestellter Schecks an den Empfänger zusagt, geht keine bloße Gefälligkeit, sondern eine Auftragsverhältnis ein.
2. Der Beauftragte trägt die Beweislast dafür, dass ein ihm zur Ausführung des Auftrags überlassener Geldbetrag bestimmungsgemäß verwendet wurde. Wurde dem Beauftragten im Vorprozess der Streit verkündet und konnte in dem Vorprozess infolge eines „non liquet” der Verbleib des Geldes nicht geklärt werden, so schlägt dieses Beweisergebnis in dem Folgeprozess zu Lasten des beweispflichtigen Beauftragten durch.
Normenkette
BGB §§ 280, 662, 667; ZPO § 74
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 14 O 31/99) |
Tenor
1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 17.10.2001 – 1 U 398/01-91 – bleibt aufrechterhalten.
2. Dem Beklagten fallen auch die weiteren Kosten des Verfahrens zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer des Beklagten und der Streitwert des Berufungsverfahrens werden auf jeweils 45.355,14 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin erteilte der Firma „Sales Production Marketing” (fortan: SPM), deren Inhaber der Zeuge E. war, durch Vertrag vom 10.9.1993 den Auftrag, eine nicht spekulative Geldanlage i.H.v. 6.500.000 DM zu beschaffen (Bl. 93 d.A.). Als Provision zu Gunsten der Firma SPM war die Zahlung eines Betrages von 50.000 DM vereinbart, der bei Scheitern des Kreditengagements von der Firma SPM an die Klägerin rückzuerstatten war.
Die Provision i.H.v. 50.000 DM finanzierte die Klägerin durch drei ihr von Bekannten, die etwaige eigene Ansprüche an die Klägerin abgetreten haben, überlassene Schecks über 17.000 DM, 16.000 DM und 17.000 DM. Die Klägerin händigte dem Beklagten, über dessen Versicherungsbüro der Vertrag zwischen ihr und der Firma SPM abgewickelt werden sollte, die drei Schecks zum Zwecke der Einlösung und Weiterleitung an die Firma SPM aus.
Nach Scheitern der Kreditbeschaffung nahm die Klägerin den Inhaber der Firma SPM E. auf Rückzahlung des Betrages von 50.000 DM in Anspruch. Durch Urteil des OLG Bamberg vom 1.10.1998 (1 U 140/96) wurde die Klage, nachdem die Klägerin dem jetzigen Beklagten den Streit verkündet hatte, mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe den Nachweis einer Zahlung i.H.v. 50.000 DM an die Firma SPM nicht erbracht.
Mit vorliegender Klage verlangt die Klägerin Rückerstattung des Betrages von 50.000 DM durch den Beklagten. Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme lediglich i.H.v. 4.644,86 DM stattgegeben, weil die Klägerin einen höheren Vermögenszuwachs bei dem Beklagten nicht nachgewiesen habe. Auf die Berufung der Klägerin hat der Senat den Beklagten durch Versäumnisurteil vom 17.10.2001 verurteilt, weitere 45.355,14 DM an die Klägerin zu zahlen. Hiergegen richtet sich der Einspruch des Beklagten, der beantragt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Einspruch des Beklagten ist unbegründet, weil der Klägerin über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag i.H.v. 4.644,86 DM hinaus auf ihre Berufung weitere 45.345,14 DM zuzusprechen sind. Die Klageforderung i.H.v. insgesamt 50.000 DM findet ihre Grundlage in §§ 280, 667, 662 BGB.
1. Zwischen den Parteien kam durch die Verpflichtung des Beklagten, die ihm ausgehändigten Schecks an die Firma SPM weiterzuleiten, ein Auftrag (§ 662 BGB) zu Stande.
a) Ob ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist nicht nach dem nicht in Erscheinung getretenen inneren Willen des Leistenden zu beurteilen, sondern danach, ob der Leistungsempfänger aus dem Handeln des Leistenden unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Die Art der Gefälligkeit, ihr Grund und Zweck, ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung, insbesondere für den Empfänger, die Umstände, unter denen sie erwiesen wird, und die dabei bestehende Interessenlage der Parteien können die Gefälligkeit über den Bereich rein tatsächlicher Vorgänge hinausheben und sind daher für die Beurteilung der Frage des Bindungswillens und der Natur des etwa in Betracht kommenden Rechtsgeschäftes heranzuziehen. Gefälligkeiten des täglichen Lebens werden sich regelmäßig außerhalb des rechtsgeschäftlichen Bereiches halten. Das gilt für Gefälligkeiten, die im rein gesellschaftlichen Verkehr wurzeln. Der Wert einer anvertrauten Sache, die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, können auf einen rechtlichen Bindungswillen schließen lassen (BGHZ 21, 102 [106 f.]).
b) Der Beklagte hat hier die Weiterleitung von drei Schecks übernommen, die über ...