Leitsatz (amtlich)

Nach einer Einstellung von Leistungen aufgrund einer Nachprüfung kann der Versicherungsnehmer grundsätzlich Fortzahlung der Zahlungen im Wege der einstweiligen Verfügung beanspruchen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine Existenzgefährdung des Versicherungsnehmers durch die Zahlungseinstellung glaubhaft gemacht wird.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 23.03.2006; Aktenzeichen 12 O 114/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 23.3.2006 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 12 O 114/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung vom 14.2.2006 wird aufgehoben. Der Antrag auf ihren Erlass wird - auch im Übrigen - zurückgewiesen.

II. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 9.900 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger (im Weiteren Kläger) unterhält bei der Verfügungsbeklagten (im Weiteren Beklagten) eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufunfähigkeitszusatzversicherung sowie eine Rentenversicherung. Auf der Grundlage dieser Verträge erhielt er von der Beklagten aufgrund eines Anerkenntnisses vom 17.2.2004 ab dem 1.4.2003 bis zum 1.2.2005 Leistungen i.H.v. 1013,75 EUR und 586,90 EUR. Die Beklagte stellte ihre Zahlungen zum 1.2.2005 ohne vorherige Mitteilung ein und begründete dies auf Nachfrage mit Schreiben vom 24.2.2005 damit, der Kläger sei erneut beruflich - wie sie im Einzelnen dargelegt hat - tätig, sein Gesundheitszustand habe sich folglich nennenswert gebessert. In späterer Korrespondenz stützte sie sich darauf, dass der Kläger die ihm obliegende Mitwirkung - durch Anzeige der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit - unterlassen habe.

Gegen die Leistungseinstellung durch die Beklagte geht der Kläger in dem Hauptsacheverfahren 12 O 114/05 vor. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat er die umgehende Wiederaufnahme der Leistungen durch die Beklagte begehrt.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, aufgrund Versicherungsvertrages Nr. XX ab sofort an den Kläger eine monatliche Rente i.H.v. 1.013,75 EUR und aufgrund Versicherungsvertrages Nr. YY ab sofort an den Kläger eine monatliche Rente i.H.v. 586,90 EUR zu zahlen

Das LG hat mit Beschluss vom 14.2.2006 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Beklagten aufgegeben wurde, vom 17.2.2006 bis 31.12.2006 monatlich 900 EUR jeweils bis zum 17. eines Monats als Vorschuss auf eine Berufsunfähigkeitsrente aus dem Vertrag Nr. XX (- der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung-) zu zahlen.

Die Beklagte hat Widerspruch eingelegt und beantragt, die einstweilige Verfügung aufzuheben.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger sei als Immobilienverwalter in Ungarn tätig.

Das LG hat die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 23.3.2006 bestätigt. Es ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren sowie im Verfügungsverfahren davon ausgegangen, dass der Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach im Hauptsacheverfahren obsiegen werde, da die Beklagte nicht glaubhaft gemacht habe, dass die Voraussetzungen ihrer mit Schreiben vom 17.2.2004 anerkannten Leistungspflicht weggefallen seien. Eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach § 7 Abs. 3 AVB nach Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit sei nicht glaubhaft gemacht.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten rügt fehlerhafte Tatsachenfeststellung, da das LG wesentliche Gesichtspunkte außer acht gelassen habe. Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch seien rechtsfehlerhaft bejaht worden.

Die Beklagte beantragt,

1. Das Urteil des LG Saarbrücken vom 23.3.2006 - Az.: 12 O 114/05 e.V. wird abgeändert.

2. Die einstweilige Verfügung vom 14.2.2006 wird aufgehoben.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II. Die Berufung der Beklagten ist begründet.

1. Ob der Kläger einen Verfügungsanspruch - auf Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente - glaubhaft gemacht hat, kann dahinstehen. Er würde voraussetzen, dass die Beklagte entweder glaubhaft gemacht hätte, aufgrund einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit des Klägers nach § 7 Abs. 3, § 8 BB-BUZ gegenwärtig leistungsfrei oder aufgrund einer formell und materiell rechtmäßigen Nachprüfungsentscheidung zur Einstellung ihrer Leistungen befugt zu sein. Da sich die Beklagte jedenfalls in formeller Hinsicht bislang nicht auf eine rechtlich erhebliche Änderung des gesundheitlichen Zustands des Klägers berufen kann, käme es darauf an, ob sie im Zuge ihrer Nachprüfungsentscheidungen zu irgendeinem Zeitpunkt den formellen Voraussetzungen einer konkreten Verweisung genügt hat - dazu hat das angefochtene Urteil nichts ausgeführt. Es käme ferner darauf an, ob den erstinstanzlichen Feststellungen, die Beklagte habe nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger als Immobilienmakler in Ungarn tätig sei, gefolgt werden könnte oder ob ihnen nicht - wie die Beklagte mit nicht von vornherein fern liegenden Gründen vort...

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