Leitsatz (amtlich)
Hat der überlebende Ehegatte einzelne Miterben schenkweise bedacht mit der Begründung, der Wert der ihnen nach dem gemeinschaftlichen Testament zugedachten Grundstücke werden entgegen den ursprünglichen Erwartungen hinter dem Wert der den übrigen Miterben zuvor geschenkten Grundstücke zurückbleiben, weshalb schon jetzt ein entsprechender Ausgleich in Geld erfolgen solle, so fehlt es an einem lebzeitigen Eigeninteresse des Erblassers und erfolgt diese Schenkung in der Absicht, die anderen Erben zu benachteiligen.
Normenkette
BGB § 2287 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 08.10.2021; Aktenzeichen 14 O 388/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. Oktober 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 388/20 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert:
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 17.100,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19. Januar 2021 zu zahlen.
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an den Kläger 17.100,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23. Januar 2021 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen den Beklagten jeweils hälftig zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger hat mit seiner Klage die anteilige Herausgabe von Geldbeträgen unter dem Gesichtspunkt einer die Miterben beeinträchtigenden Schenkung geltend gemacht. Die Parteien des Rechtsstreits sind Brüder und gemeinsam mit dem am Rechtsstreit nicht beteiligten weiteren Bruder Wo. E. zu je 1/4 Erben nach ihrer am 18. Dezember 2017 verstorbenen Mutter J. E. (im Folgenden: Erblasserin). Diese hatte gemeinsam mit ihrem am 28. Juni 2007 vorverstorbenen Ehemann unter dem 1. Juli 1987 ein privatschriftliches Testament errichtet, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben des Erstversterbenden und ihre vier Söhne nach dem Ableben des Überlebenden zu dessen Erben eingesetzt hatten (Bl. 7 GA). Weiterhin heißt es darin:
"Bei der Vermögensaufteilung soll berücksichtigt werden, dass unsere Söhne Wo. und A. kostenlos ein Baugrundstück bekommen haben. Deshalb sollen unsere Söhne G. und W. die Grundstücke erhalten, die alsbald bebaut werden können!"
Hintergrund dieser Anordnung war, dass die Eheleute zuvor dem Kläger und dessen Bruder Wo. jeweils ein Baugrundstück überlassen hatten, deren Wert die Erblasserin im Jahre 2010 mit 90.000 Euro bzw. 110.000 Euro annahm. Die im Testament erwähnten Grundstücke, "die alsbald bebaut werden können", waren bis zuletzt Bauerwartungsland geblieben und wurden von der Erblasserin im Jahre 2012 verkauft. Nach dem Tode des Vaters im Jahre 2007 nahmen die Parteien mit dem weiteren Bruder und der Erblasserin eine vorweggenommene Teilauseinandersetzung vor, die auch eine Verrechnung mit gegenüber den Beklagten bestehenden Darlehensrückzahlungsansprüchen der Eltern einschloss. Am 8. Juni 2010 verfasste die Erblasserin ein Schreiben (Bl. 8 f. GA), darin heißt es u.a. (wörtlich):
"Ich... sehe mich veranlasst, zur gerechten Verteilung des Vermögens eine Korrektur bzw. Ergänzung des Testaments vom 1. Juli 1987 vorzunehmen. Bei Abfassung des Testaments sind wir, mein verstorbener Mann und ich, davon ausgegangen, dass unseren Kindern Grundstücke überlassen werden, die gleichwertig sind. Diese Erwartungen werden sich nicht erfüllen, dass es sich auf meinen Namen im Grundstück eingetragenen Grundstücke um Ackergrundstücke handelt, die nur einen geringen Teil dessen Wert sind, was unsere beiden Kinder A. und W. erhalten haben.
Nachdem ohnehin bei der Verteilung des Nachlasses die bereits hingegebenen Grundstücke unter Berücksichtigung der Werte der nunmehr noch vorhandenen Grundstücke auszugleichen sind, habe ich mich dazu entschlossen, bereits jetzt einen Ausgleich vorzunehmen, und zwar dergestalt, dass ich auch meinen Kindern W. und G. zu meinen Lebzeiten den gleichen Vorteil zukommen lasse, wie dies bereits meine Kinder A. und Wolf gang hatten. Aus diesem Grund sollen dann auch nach meinem Tode die Grundstücke zu dem Nachlass insgesamt gehören, ohne dass eine weitere Ausgleichung erfolgen muss.
Zu dieser Regelung habe ich mich deshalb entschlossen, weil entgegen meines Willens bereits zu Lebzeiten die bestehenden Darlehensverpflichtungen meiner Söhne G. und W. abgelöst wurden, und zwar dergestalt, dass der Gegenwert der beiden anderer Kindern A. und Wolfang ausgezahlt wurde. Bei der Unterschriftleistung bei der Bank war ich mir dessen nicht bewusst, ansonsten hatte ich dies auc...