Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten im Verkehrsunfallprozess

 

Leitsatz (amtlich)

a) Der Tatrichter ist bei der Feststellung des Normaltarifs nicht gehindert, einen Sachverständigen mit der Ermittlung der auf den konkreten Fall bezogenen Marktsituation zu beauftragen.

b) Wählt der Tatrichter stattdessen den Weg der Schätzung nach § 287 ZPO, so scheidet der Schwacke-Mietpreisspiegel des Jahres 2006 als Schätzgrundlage aus, wenn die Parteien aufgrund konkreter Tatsachen Mängel der Schätzgrundlage aufzeigen (vgl. BGH NJW 2009, 58).

c) Dagegen begegnet es im Rahmen des § 287 ZPO keinen Bedenken, den Normaltarif in Anbetracht der auch gegen die Validität des dem - Marktspiegel Mietwagen Deutschland 2008 - des Fraunhofer Instituts zugrunde liegenden Datenbestandes geäußerten Einwendungen im Einzelfall nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen zu bestimmen.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 08.05.2009; Aktenzeichen 10 O 33/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das am 8.5.2009 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - Az. 10 O 33/09 - wie folgt abgeändert und neu gefasst:

1. Die Beklagten werden auf ihr Teilanerkenntnis als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.219,96 EUR zu zahlen.

2. Die Beklagten werden weiter verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 1.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 24.10. 2007 aus diesem Betrag sowie Zinsen in gleicher Höhe ab dem 24.10.2007 aus dem unter Ziff. 1 zuerkannten Betrag zu zahlen.

3. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Fa. Autovermietung K. GmbH, [Straße, Nr.], [PLZ, Ort], restliche Mietwagenkosten von 113,47 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 29.1.2008 zu zahlen.

4. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner den Kläger von einer Gebührenforderung des Rechtsanwalts W. S., [Straße, Nr.], [PLZ, Ort] i.H.v. 546,69 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung der Beklagten und die weiter gehende Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten des ersten Rechtszugs fallen zu 9 % dem Kläger und zu 91 % den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 19 % und die Beklagten haben als Gesamtschuldner 81 % zu tragen.

Gerichtskosten für das Berufungsverfahrens werden wegen unrichtiger Sachbehandlung nur aus einem Gebührenstreitwert von 660,31 EUR erhoben (§ 21 GKG).

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.880,27 EUR festgesetzt, wovon 660,31 EUR auf die Berufung der Beklagten und 2.219,96 EUR auf die Anschlussberufung des Klägers entfallen.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 25.9.2007 in E. ereignet hat und hinsichtlich dessen die alleinige Haftung der Beklagten außer Streit steht.

Am Fahrzeug des Klägers entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Das Haftpflichtgutachten S2 (Bl. 6 f. d.A.) geht von einem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs von 5.300 EUR und einer Wiederbeschaffungsdauer von 14 Kalendertagen aus.

Vier Tage nach dem Unfall mietete der Kläger bei der Autovermietung K. GmbH ein Fahrzeug der Gruppe 6 ohne Haftungsreduzierung (Bl. 423 d.A.) an. Der Kläger vereinbarte Tagesmiete. Für die Mietdauer vom 29.9. bis 12.10.2007 wurden dem Kläger 1.669,82 EUR in Rechnung gestellt (Bl. 36 d.A.). Der Kläger hat den ihm zustehenden Kostenerstattungsanspruch an das Mietwagenunternehmen abgetreten, ist aber zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung berechtigt.

Der Kläger hat in der Klageschrift zunächst Schadensersatz i.H.v. 5.744,96 EUR nebst Zinsen und Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren begehrt. Die Beklagten haben eine Vorschusszahlung von 2.525 EUR geleistet. Mit Prozessschriftsatz vom 11.2.2008 haben sie einen Betrag von 4.744,96 EUR unstreitig gestellt und den sich nach Abzug des geleisteten Vorschusses ergebenden Differenzbetrag von 2.219,96 EUR als zu ersetzenden Schaden anerkannt (Bl. 29 d.A.).

Der Kläger hat daraufhin mit Prozessschriftsatz vom 13.3.2008 die Hauptsache in Höhe der Vorschusszahlung für erledigt erklärt und Kostenantrag gestellt. Die Beklagten haben sich der Teilerledigungserklärung angeschlossen. In dem Schriftsatz hat der Kläger die Klage um restliche Mietwagenkosten von 827,29 EUR erweitert (1.669,82 EUR abzgl. von der Beklagten zu 2) gezahlte 842,53 EUR).

In der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2009 hat der Kläger den Antrag aus dem Schriftsatz vom 13.3.2008 gestellt (Bl. 273, 231 d.A.), der wie folgt lautet:

hinsichtlich des von den Beklagten anerkannten Betrages von 2.219,96 EUR ein Anerkenntnisurteil zu erlassen sowie

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.000 EUR (Restfahrzeugschaden) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 24.10.2007 zu zahlen;

2. die Bekl...

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