Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 445/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.04.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (4 O 445/18) abgeändert und folgendermaßen neu gefasst:
"Das beklagte Land wird verurteilt,
1. an den Kläger Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.899,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.01.2019 zu zahlen,
2. den Kläger von weiteren Rechtsanwaltskosten aus der Rechnung vom 20.12.2018 mit der Rechnungsnummer ... in Höhe von 360,57 EUR freizustellen,
3. den Kläger von weiteren Rechtsanwaltskosten aus der Rechnung vom 20.12.2018 mit der Rechnungsnummer ... in Höhe von 2.591,23 EUR freizustellen, und
4. an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000,- EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen."
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt das beklagte Land.
III. Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem beklagten Land wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger macht gegen das beklagte Land Ansprüche auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche geltend, insbesondere betreffend Anwaltskosten, aus Amtshaftung im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Angelegenheit "Dienstunfall D. J.".
I. Der Kläger war im Jahr 2013 Polizeibeamter im Dienst des beklagten Landes und stellvertretender Leiter der PI ....
Im Jahr 2015 führte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken ein Ermittlungsverfahren gegen den im Dienst des beklagten Landes stehenden Polizeibeamten D. J. wegen des Tatvorwurfs des versuchten Betruges (Az.: 26 Js 9827/15). Der Vorwurf des versuchten Betruges basierte darauf, dass Herr J. mit Dienstunfallanzeige vom 05.11.2013 (Anlage B 1) mit Bezug auf einen Vergeltungsangriff auf ihn als Polizeibeamten einen Dienstunfall geltend gemacht habe, obwohl er - angeblich - gewusst habe, dass die Voraussetzungen für einen Dienstunfall nicht vorgelegen hätten.
Herr KHK J. A. als direkter Dienstvorgesetzter und der Kläger als stellvertretender - und nach Darstellung des beklagten Landes auch faktischer - Dienststellenleiter hatten die Dienstunfallanzeigen formal als Dienstunfall verfügt.
Dem Kläger wurde im Rahmen verwaltungsinterner Ermittlungen vorgeworfen, als Vorgesetzter des Herrn J. durch Abzeichnung der Meldung des Dienstunfalls Beihilfe zu einem versuchten Betrug des Herrn J. geleistet zu haben.
Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Herrn J. - und auch gegen den Kläger - wurden mit Verfügung vom 07.08.2017 (Anlage 5) eingestellt.
Die Meldung eines Dienstunfalls stand im Zusammenhang mit folgendem Sachverhalt:
Am 23.08.2013 verbrachte Herr J. den Nachmittag zusammen mit Kollegen auf einer Geburtstagsfeier. Am Abend begab man sich in die Gaststätte "..." in der Bleichstraße in Saarbrücken. Hier kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Beamten D. J. und einem Gast. D. J. hatte dort in alkoholisiertem Zustand mit Seitenscheitel und aufgemaltem "Quadratbärtchen" eine Hitlerparodie gegeben. Später in der Nacht kam es zu einem Streitgespräch des Herrn J. und der ihn begleitenden Frau S. G. mit einer Gruppe junger Männer im Bereich des Taxistandes Mainzer Straße/Bleichstraße in der Saarbrücker Innenstadt, bei dem sich Herr J. als Polizist zu erkennen gab. Herr J. begab sich dann - ohne Frau G. - in Richtung des Taxistandes in der Dudweilerstraße. Im Bereich des St. Johanner Marktes wurde er in den frühen Morgenstunden des 24.08.2013 von einer fünfköpfigen Gruppe junger Männer angegriffen und erlitt dabei erhebliche Verletzungen. Der genaue Ablauf des Angriffs am St. Johanner Markt ist streitig.
Herr J. beanzeigte den Vorfall am St. Johanner Markt als Dienstunfall. Er teilte mit, dass es sich bei den Angreifern um die Personen gehandelt habe, denen gegenüber er sich am Taxistand Mainzer Straße/Bleichstraße als Polizeibeamter zu erkennen gegeben habe.
Die Anerkennung als Dienstunfall wurde zunächst mit Bescheid des Landespolizeipräsidiums vom 22.01.2014 (Anlage 7) abgelehnt. Dies wurde damit begründet, dass Herr J. seine Verletzungen in seiner dienstfreien Zeit davongetragen habe und kein Ursachenzusammenhang zwischen einer Indienstsetzung des Beamten und dem tätlichen Angriff gegeben sei. Nach einem durch den Anwalt des Herrn J. eingelegten Widerspruch vom 26.02.2014 (Anlagen 8 und 9) wurde der Dienstunfall mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2014 (Anlage 10) anerkannt. Zumindest während des Verwaltungsverfahrens gab es Kontakte und Gespräche zwischen dem Kläger und einer für die Anerkennung von Dienstunfällen zuständigen Stelle im Landespolizeipräsidium, wobei die näheren Einzelheiten zwischen den Partei...