Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 04.07.2016; Aktenzeichen 14 O 52/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 04.07.2016 - 14 O 52/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 04.07.2016 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.324 EUR festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Fahrzeug-Vollkaskoversicherung wegen eines Unfallgeschehens vom 05.06.2014.
Der Unfall hatte sich gegen 8:05 Uhr auf der Autobahn A 31 in Fahrtrichtung Dijon in Höhe Val de Meuse ereignet. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Fahrzeug von dem Ehemann der Klägerin in deren Beisein geführt. Die Einzelheiten des Unfallgeschehens sind zwischen den Parteien streitig.
In dem Schadensbericht des Peloton motorisé des Rolampont - N° D'ordre gendarmerie: 26/2014 - (Bl. 128 d.A.) war der Schaden als Auffahrunfall, bedingt durch einen Sekundenschlaf des Ehemannes der Klägerin, protokolliert worden. Danach soll das Fahrzeug der Klägerin mit seiner linken vorderen Seite auf die rechte hintere Seite des vorausfahrenden LKW-Anhängers aufgefahren sein. Unstreitig hatten sich Fahrzeugteile des LKW gelöst.
In der schriftlichen Schadensanzeige vom 06.08.2014 (Bl. 129 ff. d.A.) gab die Klägerin zum Unfallhergang unter anderem folgendes an: "In Frankreich auf d. A 31 in Richtung Dijon unterwegs. Vorausfahrenden LKW verliert Unterfahrschutz (...) dieser fliegt direkt in Motorraum im Bereich der Fahrerseite und zerstört kompletten Front. Fahrzeug dreht sich ...". Die Geschwindigkeit des versicherten Fahrzeugs gab die Klägerin mit 75 km/h an.
Die Beklagte verweigerte vorgerichtlich die Erbringung von Versicherungsleistungen unter Bezugnahme auf den Schadensbericht der französischen Gendarmerie wegen arglistiger Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheitsverletzung. Durch die Falschangaben habe die Klägerin verdecken wollen, dass ihr Ehemann am Steuer eingeschlafen sei, was die Beklagte zu Kürzung ihrer Leistungen wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß A.2.16.1 AKB (Bl. 91 d.A.) berechtigt hätte.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin an ihrer Unfallschilderung festgehalten und hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Inhalt des französischen Schadensberichts sei nur durch Verständigungsschwierigkeiten zu erklären.
Das Landgericht hat die Klage - nach persönlicher Anhörung der Klägerin, zeugenschaftlicher Vernehmung deren Ehemanns und Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Phys. M. (Bl. 172 ff. d.A.) - mit am 04.07.2016 verkündetem Urteil abgewiesen. Auf der Grundlage des Gutachtens ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass die Unfallschilderung der Klägerin mit dem Schadensbild nicht in Einklang zu bringen sei und hat Leistungsfreiheit der Beklagten wegen einer arglistigen Vorgehensweise der Klägerin angenommen.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt. Die von dem Sachverständigen angenommene Differenzgeschwindigkeit, die als solche nicht angegriffen werden könne, beruhe ausschließlich darauf, dass der vorausfahrende LKW stark abgebremst habe, nachdem er ein Fahrzeugteil verloren habe, welches gegen die Windschutzscheibe des klägerischen Fahrzeug geflogen und dem Fahrer die Sicht genommen habe. Dass es unmittelbar im Anschluss zu einem Auffahren auf den LKW gekommen sei, habe die Klägerin in ihrer persönlichen Anhörung nicht ausschließen können. Damit habe sie lediglich mit Bestimmtheit ausgeschlossen, dass der Unfall auf einen Sekundenschlaf ihres Ehemannes zurückzuführen sei, und den Hergang im Übrigen so geschildert, wie sie ihn wahrgenommen habe.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 04.07.2016
- 14 O 52/15 -
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.229,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2014 zu zahlen.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 887,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Der Senat hat eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme des Sachverständigen M. vom 08.02.2017 (Bl. 284 d.A.) eingeholt.
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das verkehrstechnische Gutachten des Sachverständigen M. vom 21.01.2016 (Bl. 172 d.A.) und dessen ergänzende gutachtliche Stellungnahme vom 08.02.2017 (Bl. 284 d.A.), die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 14.09.2015 (Bl. 65 d.A.) und vom 13.06.2016 (Bl. 224 d.A.) und des Senats vom 30.08.2017 (Bl. 306 d.A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 04.07.2016 (Bl. 227 d.A.).
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