Leitsatz (amtlich)

1. Vermacht der überlebende Ehegatte einer fortgesetzten Gütergemeinschaft einem gemeinschaftlichen Abkömmling ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück und beschwert diesen mit einer Ausgleichszahlung zugunsten des anderen gemeinschaftlichen Abkömmlings, so liegt darin die Anordnung von Verschaffungsvermächtnissen und damit keine letztwillige Verfügung über den Anteil der Abkömmling am Gesamtgut.

2. Haben Ehegatten in einen gemeinschaftlichen Testament einem ihrer Kinder ein Grundstück vermacht und dieses mit einer Ausgleichszahlung zugunsten des anderen Kindes beschwert, so steht es der Auslegung der Verfügungen als wechselbezüglich nicht entgegen, wenn die Höhe der Ausgleichszahlung in dem Testament zwar nicht ausdrücklich geregelt ist, sich jedoch im Wege der Auslegung des Testament ergibt.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 14.10.2004; Aktenzeichen 12 O 165/03)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.10.2004 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 12 O 165/03 - wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil unter Ziff. I. und II. des Urteilstenors sowie im Kostenpunkt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils der Klägerin an den Grundstücken der Gemarkung, Flur, Flurstücknr. und, eingetragen im Grundbuch von, Bl. 1307, lfd. Nr. 1 und 4, auf die Beklagte, an die Klägerin 67.330,62 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 29.6.2003 zu zahlen sowie zugunsten der Klägerin die Eintragung von Vorkaufsrechten an den genannten Grundstücken zu bewilligen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die weiter gehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 14 %, die Beklagte 86 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 26 %, der Beklagten zu 74 % auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn diese Partei leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

VII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 77.521,78 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Geschwister. Ihre Eltern vereinbarten mit notariellem Ehevertrag vom 27.4.1971 (Bl. 116 f. d.A.) den Güterstand der Gütergemeinschaft sowie für die Zeit nach dem Tod des Erstversterbenden dessen Fortsetzung zwischen dem Überlebenden und den beiden gemeinschaftlichen Kindern.

Mit gemeinschaftlichem handschriftlichem Testament vom 10.5.1990 (Bl. 26 f. d.A.) bestimmten die Eltern der Parteien, dass nach ihrem Tode ihr Haus mit Grundstück und Garten sowie ein dazu gehörendes Grundstück auf die Beklagte übertragen werden solle. Weiter heißt es in dem Testament, dass die Klägerin von der Beklagten bereits den Betrag von "..." (ein Eintrag fehlt) als Anteil am Haus und dem dazu gehörenden Grundstück erhalten habe. Den Restbetrag von "..." (ein Eintrag fehlt) habe die Beklagte an die Klägerin zu dem im Erbfall gültigen Wert zu zahlen. In dem Testament ist ferner bestimmt, dass die Klägerin das Vorkaufsrecht erhalte, wenn die Beklagte beabsichtigen sollte, das Haus zu verkaufen. Schließlich heißt es in dem Testament, dass ein weiteres Grundstück die Klägerin erhalten solle und auch insoweit die Auflage gelte, dass im Falle eines Verkaufs nur an die Beklagte verkauft werden dürfe. Das restliche Vermögen entfalle auf die Kinder zu gleichen Teilen.

Bereits in den 80-er Jahren - das genaue Jahr ist zwischen den Parteien streitig - hatten die Klägerin und ihr Ehemann eine handschriftliche Erklärung unterzeichnet, wonach sie bestätigten, von den Eltern der Parteien 50.000 DM als Erbanteil erhalten zu haben, die im Falle des Todes der Klägerin von deren Ehemann an deren gemeinsames Kind zurückzuzahlen sein sollten (Bl. 145 d.A.). Unter den Unterschriften der Klägerin und ihre Ehemanns befindet sich ein handschriftlicher, auf den 3.3.1981 datierter und als Unterzeichnende die Eltern der Parteien benennender Zusatz, wonach das Geld von der Beklagten als Erbteil an die Klägerin gezahlt worden sei. Am 16.4.1990 hatten die Klägerin und ihr Ehemann schriftlich bestätigt, von der Beklagten 15.000 DM erhalten zu haben. Das Bestätigungsschreiben (Bl. 89 d.A.) ist von der Klägerin, ihrem Ehemann und der Beklagten unterschrieben.

In einem weiteren, von dem Vater der Parteien am 5.4.1992 errichteten Testament (Bl. 105 f. d.A.), in dem dieser die Unterschrift der Mutter der Parteien fälschte, sind u.a. die in dem Testament vom 10.5.1990 fehlenden Beträge eingesetzt. Danach soll die Klägerin von der Beklagten bereits 80.000 DM erhalten haben und die Beklagte an die Klägerin den Restbetrag von 20.000 DM zu dem im Erbfall gültigen Wert zahlen.

Am 12.4.1992 verstarb ...

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