Leitsatz (amtlich)
1. Zum Nachweis des Versicherungsfalles in der Rohrbruch- und Leitungswasserversicherung.
2. Macht der Versicherungsnehmer auf ihm gestellte Fragen zum Zeitpunkt des (behaupteten) Versicherungsfalles und seiner Entdeckung bewusst unrichtige Angaben, die ersichtlich darauf abzielen, die verspätete Anzeige des Versicherungsfalles zu verbergen und infolgedessen befürchteten Schwierigkeiten bei der Regulierung zu entgehen, kann dies als arglistige, zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers führende Verletzung der Aufklärungsobliegenheit anzusehen sein.
Normenkette
AWB 2008 A. 8.2.1.8; AWB 2008 B. 1.1; AWB 2008 B. 1.3; VVG § 28
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 27.02.2023; Aktenzeichen 14 O 417/21) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Februar 2023 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 417/21 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.502,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer gewerblichen Sachversicherung wegen eines angeblichen Rohrbruch- und Leitungswasserschadens, der sich im Dezember 2018 ereignet haben soll. Er unterhält bei der Beklagten eine gewerbliche Sachversicherung (Versicherungsscheinnummer ..., Anlage K1) für das in seinem Eigentum stehende Wohn- und Geschäftshaus S.-Straße 14 in D.. Im Erdgeschoss der Immobilie befindet sich ein Ladenlokal, das mit einer abgehängten Gipskartondecke ausgestattet ist. Dem Versicherungsvertrag liegen u.a. die Allgemeinen Bedingungen für die Leitungswasserversicherung der Beklagten (AWB 2008 - Fassung Januar 2008, Anlage K2) zugrunde.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2018, das der Beklagten am 30. Dezember 2018 zuging, meldete der Kläger der Beklagten einen Rohrbruch in der versicherten Immobilie. In dem nachfolgend übersandten Schadenanzeigeformular vom 27. Januar 2019 (Anlage B2 = Bl. 30 ff. GA) gab der Kläger zu der Frage, wann der Schaden entstanden sei, "ca. 27.12.18, Uhrzeit unbekannt" an. Zur Frage, wann und von wem der Schaden entdeckt worden sei, gab er an: "27.12.18, Uhrzeit 10.15, Arbeiter Z. Verwaltungs KG". Zur Frage, wann er erstmals von dem Schaden Kenntnis erhalten habe, gab er an: "27.12.18, Uhrzeit 11.00". Zur Schadenschilderung gab er an "Bei einem Kontrollgang wurde festgestellt, dass Wasser in die Decke des Erdgeschosses tropfte." Zur Frage, welche Maßnahmen er zur Begrenzung des Schadens vorgenommen habe, gab er an "Direkt wurde von mir eine Notreparatur durchgeführt." Zur Schadenursache kreuzte er "Rohrbruch an Kaltwasserrohren" an. Fragen nach voraussichtlichen Kosten der Reparaturmaßnahmen beantwortete der Kläger mit "ca. 450,- Euro" (Rohre) und "ca. 650,- Euro" (Decke des Erdgeschosses); auf die Frage nach weiteren Schäden gab er an: "evtl. Elektroverteilung". Auf Seite 3 des Schadenanzeigeformulars heißt es in einem Textfeld vor der Unterschrift des Klägers: "Alle Fragen habe ich wahrheitsgemäß nach bestem Wissen beantwortet. Für die Richtigkeit übernehme ich die Verantwortung, auch wenn eine andere Person die Schadenanzeige ausgefüllt hat. Es ist mir bekannt, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben den Verlust des Versicherungsschutzes auch dann nach sich ziehen, wenn die Unwahrheit oder Unvollständigkeit für den Versicherer keine nachteiligen Folgen gehabt hat. Es ist mir außerdem bekannt, dass sämtliche noch erkennbaren Reste beschädigter Sachen bis zur Freigabe durch den Versicherer zur Wahrung der Ansprüche sorgfältig aufzubewahren sind."
Mit Fax vom 12. April 2019 (Anlage K4) teilte der Kläger der Beklagten sodann mit, dass ein größerer Schaden als "die zunächst angenommenen 3.000,- Euro" vorliege, am 18. April 2019 (Anlage K5) übermittelte er der Beklagten eine Rechnung der Firma S. GmbH vom 29. März 2019 (Anlage K6) über Reparaturarbeiten an einer Abflussleitung in Höhe von 1.250,20 Euro und ein Angebot der Firma Elektro R. GmbH vom 15. April 2019 (Anlage K7) über 5.344,35 Euro für Elektroinstallationsarbeiten, außerdem kündigte er Arbeiten der Z. Verwaltungs KG im Umfang von 1.500,- Euro für das Entfernen der abgehängten Decke und das Schließen einer Decke an und bat um Freigabe. Am 29. April 2019 nahm ein Regulierungsbeauftragter der Beklagten die Immobilie in Augenschein, dem ein Loch in der Decke gezeigt wurde und der den Kläger darüber informierte, dass die Beklagte für Schäden an der Gipskartondecke 60,00 Euro je m2 zahlen werde und hinsichtlich der Elektroinstallation ein Sachverständiger hinzugezogen würde. Mit Schreiben vom 27. Mai 2019 (Anlage K8) teilte de...