Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 17.07.2020; Aktenzeichen 3 O 68/20) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 17. Juli 2020 - 3 O 68/20 - mit der Maßgabe, dass die Beklagte an die Klägerin eine gemäß § 232 Abs. 1 BGB oder § 650f Abs. 2 BGB zu erbringende Sicherheit im Wert von 26.536,42 EUR zu leisten hat, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen dahingehend abgeändert, dass die auf Zahlung der außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.044,40 EUR gerichtete Klage abgewiesen wird.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Gestellung einer Bauhandwerkersicherung gemäß § 650f BGB in Anspruch.
Die Beklagte beabsichtigte, an ihrem in Blieskastel gelegenen Wohnhaus Umbauarbeiten dergestalt durchführen zulassen, dass ein Anbau zu errichten und die Garage in Wohnraum umzuwandeln waren. Die Klägerin, die eine Bauunternehmung betreibt, wurde von der Beklagten mit der Durchführung der Arbeiten beauftragt. Diese erstellte unter dem 23.08.2018 ein Leistungsverzeichnis (K1), das einen Werklohn in Höhe von 40.198,04 EUR zzgl. Mehrwertsteuer auswies. Mit Abgabe der Fertigstellungsanzeige (K2) erteilte die Klägerin am 09.08.2019 Schlussrechnung über 65.000,45 EUR. Eine Abnahme fand nicht statt. Der Werklohn wurde von der Beklagten, die Abschlagszahlungen erbracht hatte, nicht vollständig beglichen.
Die Zahlung einer Restwerklohnforderung in Höhe von 24.124,02 EUR (nebst Zinsen) ist Gegenstand eines von der Klägerin vor dem Landgericht Saarbrücken mit Klageschrift vom 16.10.2019 angestrengten Rechtsstreits (3 O 204/19).
Wegen des Restwerklohns zzgl. 10% forderte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 17.03.2020 mit Fristsetzung zum 25.03.2020 die Gestellung einer Sicherheit gemäß § 650f BGB (K5), was die Beklagte ablehnte.
Wesentlicher Streitpunkt zwischen den Parteien ist, ob ein Verbraucherbauvertrag gemäß § 650i BGB abgeschlossen wurde mit der Folge, dass gemäß § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB eine Bauhandwerkersicherung nicht verlangt werden kann.
Die Klägerin hat hierzu im Kern vorgetragen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen, die die Annahme des Vorliegens eines Verbraucherbauvertrages rechtfertigten, nicht vorlägen, weil sie sich weder zum Bau eines neuen Gebäudes noch - in Ansehung des Gesamtkomplexes (Mehrfamilienhaus mit drei Wohneinheiten zu je 200 m2) - zu erheblichen Umbaumaßnahmen verpflichtet habe und ihr zudem nicht sämtliche Gewerke als Generalunternehmerin übertragen worden seien.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass die Leistungen für die Errichtung des Anbaus sowie den Umbau von der Klägerin aus einer Hand zu erbringen gewesen seien, wobei es sich um erhebliche Umbaumaßnahmen handele. Es sei eine Fläche von 40,30 m2 Neubau erstellt worden, die übrigen drei Wohneinheiten wiesen nur eine Wohnfläche von 100 m2 bis 120 m2 auf. Zudem hätten die Umbaumaßnahmen die Gesamtstatik des Gebäudes tangiert, es seien für die obersten zwei Etagen Abstützungsmaßnahmen notwendig geworden und es müsse für ihre eigene Wohneinheit eine neue Treppe gebaut werden.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, auf die Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung der vorgerichtlichen Anwaltskosten erkannt und die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Bauvertrag nicht um einen Verbraucherbauvertrag im Sinne von § 650i BGB handele, so dass das Verlangen der Klägerin nach Gestellung einer Sicherheit begründet sei. Zum einen komme § 650i BGB nicht bei einer - wie hier - Einzelvergabe von Gewerken in Betracht. Zum anderen fehle es an dem Tatbestandsmerkmal der erheblichen Umbaumaßnahmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin eine Klageabweisung erstrebt. Sie rügt, dass das Landgericht mit Blick auf das Leistungsverzeichnis zu Unrecht von einer Restwerklohnforderung in Höhe von 24.124,02 EUR ausgegangen sei, und vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB wegen des Vorliegens eines Verbraucherbauvertrages gegeben seien. Zudem lägen die Voraussetzungen für die Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten nicht vor.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 17.07.2020 - 3 O 68/20 - die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 10.02.2021 Bezug ...