Leitsatz

Kernproblem des Falles war die Frage, ob der Familiensenat beim OLG nach Aussetzung des Versorgungsausgleichs und einer hiergegen gerichteten Beschwerde eigene Sachentscheidungsbefugnis hat oder das Verfahren an das FamG zurückverwiesen werden muss.

 

Sachverhalt

Im Rahmen des Scheidungsverfahrens war geklärt worden, dass beide Parteien während der Ehezeit sowohl angleichungsdynamische als auch nicht-angleichungsdynamische Anrechte erworben hatten. Nach Prüfung der Voraussetzungen des VAÜG hat das AG festgestellt, dass der ausgleichsverpflichtete Ehemann nicht jeweils die höheren Anwartschaften erworben hatte. Da auch die sonstigen Voraussetzungen für eine sofortige Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht vorlagen, hat das erstinstanzliche Gericht das Verfahren über den Versorgungsausgleich ausgesetzt.

Hiergegen legte der Kommunale Versorgungsverband Sachsen-Anhalt als Beteiligter Beschwerde ein.

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass der Versorgungsausgleich nicht - wie erstinstanzlich entschieden - auszusetzen, sondern durchzuführen sei.

Bei richtiger Bewertung der von beiden Ehegatten erworbenen Anwartschaften bei der Kommunalen Zusatzversorgung habe der Ehemann sowohl die höheren angleichungsdynamischen als auch die höheren nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften während der Ehezeit erworben, so dass der Versorgungsausgleich durchzuführen sei.

Der vierte Senat des OLG Naumburg ging in seiner Entscheidung ohne jede Begründung davon aus, zu einer Sachentscheidung befugt zu sein und das Verfahren nicht an das erstinstanzliche Gericht zurückverweisen zu müssen.

 

Hinweis

Hinsichtlich der Sachentscheidungsbefugnis des OLG bei einer Beschwerde gegen die Aussetzung des Versorgungsausgleichs ist die Entscheidung des vierten Senats des OLG Naumburg mit der Rechtsprechung des BGH und der anderen OLG nicht vereinbar. In seiner Grundsatzentscheidung vom 04.12.2002 (XII ZB 12/00 in FamRZ 2003, 1005 ff.) hat der BGH entschieden, dass es sich bei der Aussetzung des Versorgungsausgleichs nach dem VAÜG um eine prozessuale Zwischenentscheidung handelt, die nicht dem Rechtsmittel nach § 621e ZPO unterliegt, sondern der unbefristeten einfachen Beschwerde nach § 19 FGG.

Da es sich bei der Aussetzung um eine rein prozessuale Zwischenentscheidung handele, führe ein Rechtsmittel hiergegen nicht den materiellen Versorgungsausgleich zum Beschwerdegericht, sondern Gegenstand der Beschwerde dort könne nur die Prüfung der Frage sein, ob die Aussetzung zu Recht erfolgt ist oder nicht.

Durch die eigene Sachentscheidung des OLG wird den Parteien eine Instanz genommen. Der Entscheidung des OLG Naumburg kann daher nicht gefolgt werden.

 

Link zur Entscheidung

OLG Naumburg, Beschluss vom 25.06.2007, 4 UF 109/07

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