Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen sonstiger Leistung, Besorgungsleistung und „Reiseleistung” i.S.v. § 25 UStG beim Verkauf von Operkarten durch ein Reisebüro. Schätzungsbefugnis bei einer die korrekten umsatzsteuerlichen Folgen des Kartenverkaufs nicht ermöglichenden Buchführung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Handel eines Reisebüros mit Eintrittskarten für eine Oper führt umsatzsteuerlich zu sonstigen Leistungen und nicht zu Lieferungen.
2.Veräußert die Klägerin nach einer mit der Oper geschlossenen Vereinbarung die ihr als Kontingent zur Verfügung gestellten Eintrittskarten auf eigene Rechnung und auf eigenen Namen, kann sie den Verkaufspreis selbst bestimmen und trägt sie nach Ablauf der Stornierungsfrist das volle wirtschaftliche Risiko für den Verkauf der ihr im Rahmen der Kontingentvereinbarung überlassenen Eintrittskarten, so erbringt sie keine Besorgungsleistung i.S.v. § 3 Abs. 11 UStG. Das gilt unabhängig davon, ob auf den Opernkarten ein Stempel mit Hinweis auf den Verkauf durch die Firma des Reisebüros aufgedruckt ist oder nicht.
3. Sofern das Reisebüro neben den unmittelbar im Rahmen der Kontingentvereinbarung von der Oper bezogenen Karten auf Bestellung von Kunden noch anderweitig Karten der Oper beschafft und an die Kunden (andere Unternehmer bzw. Privatleute) verkauft, liegen ebenfalls keine Besorgungsleistungen vor, wenn das Reisebüro wie bei einem Eigengeschäft seinen Aufschlag auf den Einkaufspreis kalkuliert und gegenüber den Kunden in der Rechnung jeweils nur einen Gesamtpreis ausweist, ohne die eigenen Einkaufspreise offenzulegen.
4. Der isolierte, nicht im Zusammenhang mit anderen Reiseleistungen erfolgende Verkauf von Opernkarten ist auch keine – der Margenbesteuerung unterliegende – „Reiseleistung” i.S.v. § 25 UStG.
5. Ist die Buchführung des Reisebüros hinsichtlich des An- und Verkaufs von Opernkarten so beschaffen, daß es der Umsatzsteuer-Sonderprüfung nicht innerhalb angemessener Frist möglich ist, den Umfang der von dem Reisebüro getätigten Kartenverkäufe sowie deren umsatzsteuerliche Behandlung (Aufteilung zwischen Reiseleistungen i.S. von § 25 UStG und übrigen sonstigen Leistungen) festzustellen, dürfen die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 1, 9 S. 1, Abs. 11, § 25 Abs. 1, 3, § 22 Abs. 1, 2 Nr. 1 Sätze 1-2; UStDV § 63 Abs. 1; AO § 162 Abs. 2; BGB § 807
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welchem Umfang die Veräußerung von Eintrittskarten für die Oper … der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist.
Die Klägerin betreibt in der Rechtform einer GmbH ein Reisebüro. Im Rahmen dieser Tätigkeit veräußert sie auch Karten für die Oper. In den Jahren 1999 / 2000 fand eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung zur punktuellen Prüfung der Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten für die Oper … statt. Die Prüferin traf hierzu im wesentlichen folgende Feststellungen:
Die Überprüfung dieses Sachverhaltes habe sich sehr kompliziert und zeitaufwendig gestaltet, begründet durch den erheblichen Umfang und die zum Teil unterschiedliche Behandlung und Verbuchung der Kartenverkäufe. So seien z.B. Kartenein- und Verkäufe, welche über die Kasse erfolgten, nicht zuordenbar gewesen. Des weiteren seien teilweise Kartenverkäufe an Unternehmer ordnungsgemäß zu 15% bzw. 16% versteuert worden, teilweise sei der gleiche Sachverhalt steuerfrei verbucht worden. Ebenso seien Verkäufe an Privatpersonen – ob im Einzelverkauf oder im Reisepaket – grundsätzlich steuerfrei erfolgt. Daraus schlußfolgernd sei die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit Zustimmung der Berichtsfirma und des steuerlichen Beraters auf dem Wege einer sachgerechten Schätzung erfolgt. Die Karten seien bei der Klägerin immer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung veräußert worden. Soweit keine Margenbesteuerung nach § 25 Umsatzsteuergesetz (UStG) vorzunehmen sei, sei die Veräußerung steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 UStG seien nicht gegeben. Auch Besorgungsleistungen im Sinne des § 3 Abs. 11 UStG lägen nicht vor.
Die Prüferin schätzte die Einnahmen 1993 anhand der lt. Buchführung der Klägerin getätigten Kartenverkäufe abzüglich eines Unsicherheitsabschlages von 10%. Es seien zum überwiegenden Teil Einzelkartenverkäufe an andere Unternehmer oder Privatpersonen getätigt worden. In 1994 seien ca. 14% der Kartenverkäufe richtig gebucht worden. Abweichend zum Vorjahr sei teilweise die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis versteuert worden. Die Prüferin schätzte die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer anhand der getätigten Kartenverkäufe und berücksichtigte hierbei die sich aus der Einzelbelegkontrolle zweier Monate ergebenden richtig verbuchten Verkäufe in Höhe von 14%. Für 1995 verfuhr sie ebenso. In 1996 seien die Ein- und Verkäufe von Opernkarten auf getrennte Konten erfolgt und der Differenzbetrag v...