Entscheidungsstichwort (Thema)
Kontenpfändung nach österreichischem Amtshilfeersuchen wegen Vollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Vor einer Pfändung von Privatkonten muss nicht als milderes Mittel die Vollstreckung in Sachen versucht werden.
2. Wird die Rechtmäßigkeit einer aufgrund des Ersuchens einer österreichischen Behörde um Amtshilfe durch Vollstreckung durch das FA erfolgten Kontenpfändung bestritten, sind Einwendungen gegen die Rechtswirksamkeit bzw. Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Straferkenntnisses nicht zu prüfen.
3. Art. 4 Abs. 1 Vertrag vom 31.5.1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (BGBl II 1990, 357) beinhaltet nicht in Abkehr von der spezielleren Vorschrift des Art. 9 Abs. 6 S. 1 des Vertrages die Prüfung eines Vollstreckungstitels nach dem Recht des um die Vollstreckung ersuchten Staates. Nicht die Zulässigkeit des Vollstreckungstitels nach Deutschem Recht, sondern die Zulässigkeit der ersuchten Amts- bzw. Rechtshilfehandlung, mithin die Zulässigkeit der Vollstreckungshilfe nach dem dafür im Inland einschlägigen Vollstreckungsrecht, im Einklang mit Art. 9 des Vertrages ist zu prüfen.
4. Sind bei der zuständigen Stelle des ersuchenden Staates Rechtsmittel gegen das zu vollstreckende Straferkenntnis eingelegt, muss das FA die Vollstreckung fortsetzen, solange durch die um die Vollstreckung ersuchende österreichische Behörde keine Zurückstellung des Ersuchens erfolgt.
5. Sind Verwaltungsakte einer außersächsischen Behörde durch ein Sächsisches FA zu vollziehen, ist nach dem wirklichen Willen des Gesetzgebers die AO und nicht das allgemeine Sächsische Verwaltungsvollstreckungsrecht anzuwenden.
Normenkette
Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen mit Österreich v. 31.5.1988 Art. 9 Abs. 1, 5-6, Art. 4 Abs. 1; AO § 287 Abs. 4, §§ 256, 258; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 2; SächsVwVG § 4 Abs. 1, § 1; GG Art. 13 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Kontenpfändung auf Grund eines Ersuchens um Amtshilfe durch Vollstreckung der Bezirkshauptmannschaft T. des Landes S., Republik O., rechtmäßig war.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft T. vom 30.04.2008 und Berufungsentscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates S. vom 24.02.2009 wurde gegen die Klägerin eine Geldstrafe von 80,– Euro und Kostenbeiträge i.H.v. insgesamt 24,– Euro festgesetzt. Unter dem 10.11.2009 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft T. die Landesdirektion L., den Betrag von 104,– Euro beizutreiben. Dem Ersuchen lag die Berufungsentscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates S. vom 24.02.2009 mit Rechtskraftvermerk bei. Dieses Ersuchen leitete die Landesdirektion L. dem Beklagten am 01.12.2009 zuständigkeitshalber zu. Daraufhin beauftragte der Beklagte einen Vollziehungsbeamten, wegen der Rückstände und der bis Erledigung des Vollstreckungsauftrags anfallenden Vollstreckungskosten bis zum 25.01.2010 bewegliche Sachen der Klägerin zu pfänden. Am 15.01.2010 vermerkte der beauftragte Vollziehungsbeamte auf dem Vollstreckungsauftrag, dass die Vollstreckungsschuldnerin durch ihren Ehemann J. W. mitgeteilt habe, die Durchsuchung ihrer Wohnräume nicht zu gestatteten. Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 03.02.2010 gegenüber der S. Bank AG pfändete der Beklagte wegen einer Geldforderung i.H.v. 126,98 Euro alle der Klägerin gegenwärtig und künftig gegen die Bank zustehenden Ansprüche, Forderungen und Rechte, verbunden mit dem Verbot, an die Vollstreckungsschuldnerin zu zahlen und dem Gebot gegenüber der Vollstreckungsschuldnerin, sich jeder Verfügung über die gepfändeten Ansprüche, Forderungen und Rechte zu enthalten. Zugleich ordnete der Beklagte die Einziehung der gepfändeten Ansprüche, Forderungen und Rechte i.H. des vorgenannten Betrages an. Die Klägerin erhielt eine Abschrift der Pfändungs- und Überweisungsverfügung verbunden mit einer Aufschlüsselung des Vollstreckungsbetrages, die neben der Forderung der Bezirkshauptmannschaft T. i.H.v. 104,– Euro Pfändungsgebühren i.H.v. 20,– Euro und Auslagen i.H.v. 2,98 Euro auswies. Nachdem der Ehemann der Klägerin am 10.02.2010 telefonisch die Zahlung des Vollstreckungsbetrages zusicherte, setzte der Beklagte die am 08.02.2010 zugestellte Pfändungs- und Einzeihungsverfügung gegenüber der S. Bank AG noch am selben Tag aus. Nach Eingang des Vollstreckungsbetrages am 16.02.2010 erklärte der Beklagte die Pfändung- und Einziehungsverfügung vom 03.02.2010 gegenüber der S. Bank AG in voller Höhe durch Zahlung für erledigt.
Am 19.02.2010 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie neben der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Pfändungs- und Einziehungsverfügung die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 199,18 Euro begehrt hat.
Am 11.08.2010 hat das Gericht die Zahlungsklage abgetrennt, die unter neuem Aktenzeichen vorgeführt wird.
Zur Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, di...