rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erteilung einer grunderwerbsteuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen sowohl des Erwerbers als auch des Veräußerers. Grunderwerbsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Die (nicht bezahlte) Grunderwerbsteuer ist gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 GrEStG „sichergestellt” und –die beantragte Unbedenklichkeitsbescheinigung damit zu erteilen–, wenn sich zwar Erwerber und Veräußerer in Gesamtvollstreckung befinden, das FA aber die Möglichkeit hat, mit seiner Grunderwerbsteuerforderung am Gesamtvollstreckungsverfahren teilzunehmen. Das ist der Fall, wenn die Steuerforderung nach § 11 Abs. 2 S. 3 GesO in das Vermögensverzeichnis aufgenommen wurde oder –wenn eine Anmeldung innerhalb der Anmeldefrist gemäß § 5 Nr. 3 GesO nicht erfolgt ist bzw. im Falle einer unverschuldeten Versäumnis der Anmeldungsfrist– die Anmeldung nachträglich, spätestens bis zur Bestätigung des Verteilungsvorschlags gemäß § 18 Abs. 1 GesO, erfolgt (§ 14 Abs. 1 GesO).
Normenkette
GrEStG § 22 Abs. 1, 2 S. 1; GesO § 11 Abs. 2 S. 3, § 5 Nr. 3, § 18 Abs. 1, § 14 Abs. 1
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.07.1999 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.09.2000 verpflichtet, die Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 Grunderwerbsteuergesetz – GrEStG – für den Erwerbsvorgang Kaufvertrag vom 16. Juni 1997, Urkundenrollen-Nr. der Notarin K E mit Amtssitz in L zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kostenfolge vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die grunderwerbsteuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 GrEStG zu erteilen ist, wenn Erwerber und Veräußerer in Gesamtvollstreckung sind und das Finanzamt die Möglichkeit hat, mit seiner Grunderwerbsteuerforderung am Gesamtvollstreckungsverfahren teilzunehmen.
Der Kläger ist Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der I G f i A mbH, W. Mit Kaufvertrag vom 16.06.1997, Urkundenrollen-Nr. der Notarin K E mit Amtssitz in L erwarb die I G f i A mbH von Herrn Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer Dr. E B als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der Neue W er Möbel GmbH, W, die auf Blatt 5 im Grundbuch von W vorgetragenen Flurstücke Nr.. Als Kaufpreis für den Grundbesitz wurde 1 Million DM vereinbart. Nach Rechtswirksamkeit des Vertrages beantragte die beurkundende Notarin am 18.06.1998 die grunderwerbsteuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Am 14.09.1998 erließ das Finanzamt A gegen die I G f i A mbH, B R, einen Grunderwerbsteuerbescheid, mit dem die Steuer auf 35.000 DM festgesetzt wurde. Die I G f i A mbH hatte ihren Sitz zwischenzeitlich von B R nach W verlegt, der Bescheid ging ihr dennoch zu.
Am 30.04.1999 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der I G f i A mbH eröffnet und der Kläger zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt. Mit Kaufvertrag vom 30.06.1999, Urkundenrollen-Nr. des Notars H H mit Amtssitz in D veräußerte der Kläger die streitbefangenen Flurstücke an die Möbel-Manufaktur W GmbH W.
Am 01.07.1999 beantragte der Kläger erneut die Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 GrEStG für den Grundstückserwerb mit Kaufvertrag vom 16.06.1997. Mit Bescheid vom 20.07.1999 lehnte das Finanzamt A den Antrag ab. Den Einspruch des Klägers vom 26.07.1999 wies das Finanzamt A mit Einspruchsentscheidung vom 08.09.2000 als unbegründet zurück.
Am 11.10.2000 hat der Kläger gegen das Finanzamt A Klage erhoben.
Er ist der Auffassung, aus § 251 Abs. 2 Abgabenordnung – AO – ergebe sich der Vorrang des Insolvenzrechts gegenüber dem Steuerrecht. Im Gesamtvollstreckungsverfahren habe das Finanzamt seine Grunderwerbsteuerforderung nach den Vorschriften der Gesamtvollstreckungsordnung durch Anmeldung zur Tabelle geltend zu machen. Der Kläger dürfe keinen Gläubiger bevorzugen. Wenn die Forderung festgestellt werde und ein entsprechender Tabellenauszug vorliege, habe das Finanzamt nach dem Sinn und Zweck des § 22 GrEStG die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen. Könnte das Finanzamt die Unbedenklichkeitsbescheinigung verweigern, würden ihm mehr Rechte zustehen, als allen anderen Gläubigern. Eine derartige Sonderstellung habe der Gesetzgeber nicht geregelt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Finanzamtes A vom 20.07.1999 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.09.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 GrEStG für den Kaufvertrag vom 16.06.1997 zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, bei Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens werde keine Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 22 GrEStG erteilt. Nach dieser Vorschrift...