Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung gewinnunabhängiger Entgelte an stille Gesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zusicherung einer vom Gewinn unabhängigen Mindestjahresleistung neben gewinnabhängigen Bezügen steht der Annahme einer stillen Gesellschaft nicht entgegen.
2. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG erfasst nur gewinnabhängige, nicht hingegen auch gewinnunabhängige Entgelte an den stillen Gesellschafter.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 3; HGB § 230
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag der Jahre 2000 bis 2003 vom 13. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2009 werden dahin geändert, dass der Gewerbeertrag, der Grundlage für die Festsetzung des
Gewerbesteuermessbetrags ist, wie folgt herabgesetzt wird:
2000 |
15.000 DM |
2001 |
74.000 DM |
2002 |
37.836 EUR |
2003 |
60.461 EUR. |
2. Dem Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von gewinnunabhängigen Entgelten an eine stille Gesellschafterin.
Die Klägerin schloss am 16. Mai 2000 mit M einen „Beteiligungsvertrag … über die Gründung einer typisch stillen Gesellschaft” (Bl. 7 GA). Nach dem Vertrag beteiligte sich M an der Klägerin als stille Gesellschafterin mit einer nach Maßgabe des Vertrags zu verwendenden Bareinlage von 1.000.000 DM. M sollte für ihre Beteiligung ein festes Entgelt (7,4 % der Einlage pro Jahr), ein gewinnabhängiges Entgelt (2,0% der Einlage, höchstens in Höhe des Gewinns; bei fehlendem oder zu geringem Gewinn erhöht sich der Anspruch im nächsten oder in den nachfolgenden Jahren entsprechend), eine Bearbeitungsgebühr (einmalig 1 % der Einlage) und eine Risikoprämie (einmalig 1 % der Einlage) erhalten. M nimmt mit ihrer Einlage am laufenden Verlust der Klägerin nicht teil. M ist nicht gewerbesteuerpflichtig (§ 3 Nr. 24 GewStG). In ihren Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre rechnete die Klägerin nur das gewinnabhängige Entgelt dem Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. hinzu. Dies beanstandete die Prüferin bei einer Betriebsprüfung 2005/2006. Das FA folgte der Wertung der Prüferin und setzte mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden vom 13. Dez. 2006 den Gewerbesteuermessbetrag wie folgt fest:
2000 |
28.793,40 EUR |
(Gewinnanteile des stillen Gesellschafters: 75.289 DM) |
2001 |
122.827,65 EUR |
(Gewinnanteile des stillen Gesellschafters: 94.000 DM) |
2002 |
206.785 EUR |
(Gewinnanteile des stillen Gesellschafters: 48.061 EUR) |
2003 |
273.075 EUR |
(Gewinnanteile des stillen Gesellschafters: 74.761 EUR) |
Das FA rechnete dabei alle Zahlungen an M dem Gewerbeertrag hinzu (gewinnabhängiges und gewinnunabhängiges Entgelt, Bearbeitungsentgelt und Risikoprämie). Die Klägerin legte gegen die Bescheide Einsprüche ein, die das FA mit Einspruchsentscheidung vom 24. Aug. 2009 als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Hinzurechnung von nicht gewinnabhängigen Vergütungen in die Bemessungsgrundlage vom – eindeutigen – Wortlaut des § 8 Nr. 3 GewStG a.F. nicht gedeckt sei. Die Hinzurechnung lasse sich auch nicht damit begründen, dass die Erträge der M von der Gewerbesteuerpflicht befreit seien.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag der Jahre 2000 bis 2003 vom 13. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. August 2009 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbeertrag, der Grundlage für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ist, wie folgt herabgesetzt wird:
2000 |
15.000 DM |
2001 |
74.000 DM |
2002 |
37.836 EUR |
2003 |
60.461 EUR; |
hilfsweise, dass, soweit sich in den nicht gewinnabhängigen Vergütungen der stillen Beteiligten Vergütungen für die Überlassung des Kapitals befinden sollten, nur diese zum Gewerbeertrag hinzugerechnet werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
Nach § 8 Nr. 3 GewStG a. F. sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und wenn sie beim Empfänger nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind.
a) Die Beteiligten sind sich einig, dass zwischen der Klägerin und M in den Streitjahren eine stille Gesellschaft bestand und M der Klägerin nicht lediglich ein partiarisches Darlehen gewährt hat (zur Abgrenzung s. Urteil des Sächsischen FG vom 23. Okt. 2003 – 2 K ...