Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG bei Verpflichtung zur Übertragung eines Teilerbbaurechts durch einen GbR-Gesellschafter und Verpflichtung zu Bauleistungen der GbR in einem einzigen Vertrag. Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer nicht unionsrechtswidrig

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird eine Teilerbbauberechtigung vom Gesellschafter einer GbR übertragen und verpflichtet sich im gleichen Vertrag die im Immobilienbereich tätige GbR zur Erschließung und Bebauung des Teilerbbaugrundstücks gegenüber dem Erwerber des Teilerbbaurechts, so unterliegen die Bauleistungen der GbR der Umsatzsteuer. Es liegt insoweit keine einheitliche, nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Werklieferung eines bebauten Teilerbbaugrundstücks vor, da selbständige Leistungen – Übertragung des Teilerbbaurechts sowie die Bauleistungen – von mehreren unterschiedlichen Unternehmern -Gesellschafter der GbR sowie die GbR selbst – erbracht worden sind. Insoweit ist auch unerheblich, ob die Baukosten mit Grunderwerbsteuer belastet worden sind, da die Doppelbesteuerung eines Sachverhaltskomplexes mit Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer nicht gegen Unionsrecht verstößt.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a; GrEStG § 2 Abs. 2 Nr. 1; EWG RL 77/388 Art. 33

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.05.2024; Aktenzeichen XI B 73/23)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Bauleistungen im Zusammenhang mit einer Grundstücksveräußerung als umsatzsteuerfrei zu behandeln sind.

Der Kläger gründete am 17. Mai 1999 mit … GbR (im Folgenden nur GbR). Gegenstand der GbR war die Erschließung und Vermarktung von Grundstücken sowie die Errichtung von Gebäuden. Der Gesellschafter X schied am 30. September 2020 aus der GbR aus, wobei dessen Gesellschaftsanteil im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Kläger überging, welcher das Unternehmen als Einzelunternehmer fortführte.

X erwarb durch einen Erbbaurechtsvertrag vom 29. Oktober 2002 die Erbbauberechtigung für das Grundstück …/10 der Gemarkung Y vom Eigentümer …. Mit Teilerbbaurechtsübertragungsvertrag mit Erschließungs- und Werkvertrag (Urkunde … vom 7. September 2016) übertrug X als Erbbauberechtigter das Erbbaurecht des am Gesamtflurstück herausgeteilten Flurstücks …/22 der Gemarkung Y mit Zustimmung des Grundstückseigentümers mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 an Z. Im Rahmen des gleichen Vertrages verpflichtete sich die GbR, das Grundstück gegen eine Vergütung von EUR 31.294 zu erschließen – wobei bekannt war, dass die Erschließung bereits abgeschlossen war – und hierauf bis 1. Oktober 2017 ein Wohngebäude zu einem Preis von EUR 391.000 zu errichten. Für die Übertragung des Erbbaurechts vereinbarten die Beteiligten keine Gegenleistung. Am 23. November 2016 stellte die GbR Z den Betrag von EUR 31.294 ohne Umsatzsteuer in Rechnung. Den ratenweise zu zahlenden Betrag für das Wohngebäude von EUR 391.000 machte die GbR ebenfalls ohne Umsatzsteuer geltend. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2016 setzte das Finanzamt … Grunderwerbsteuer von EUR 15.826 bei einer Gegenleistung von EUR 452.173 fest.

Die GbR reichte Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2015 bis 2019 ein.

Der Beklagte führte bei der GbR eine Außenprüfung durch, aufgrund derer die Prüferin die Auffassung vertrat, dass Erschließungs- und Bauleistungskosten in den Jahren 2015 bis 2019 nicht umsatzsteuerfrei seien, da umsatzsteuerlich kein Zusammenschluss der Vertragsbeteiligten und damit kein einheitliches Vertragswerk vorliege. X habe sich verpflichtet, das Erbbaurecht an Z zu übertragen und die GbR habe die Vorbereitung und Durchführung der Gebäudeerrichtung vorgenommen. Der vertragliche Zusammenschluss von X in Form seiner damaligen Gesellschafterstellung bei der GbR ändere daran nichts, da die Gesellschaftersphäre von der Gesellschaftssphäre abzugrenzen sei. Die Umsatzsteuer sei daher entsprechend zu erhöhen und die darauf entfallende Vorsteuer anzuerkennen. Im Einzelnen (in EUR):

Jahr

Umsatzsteuer

Vorsteuer

Vorsteuer § 13b UStG

2015

114,72

2016

14.360,81

493,84

10.032

2017

55.173,61

8.985,72

40.900,78

2018

48.114,16

9.363,65

29.034,82

2019

42.069,74

4.095,26

37.256,32

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und setzte mit Bescheiden vom 17. August 2021, die er an den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der GbR richtete, die Umsatzsteuer wie folgt in EUR fest:

Jahr

Umsatzsteuer

Zinsen

2015

424,32

./. 26

2016

13.866,93

760

2017

46.187,85

735

2018

38.750,45

776

2019

37.971,65

-

Der Kläger legte dagegen jeweils Einspruch ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. März 2023 als unbegründet zurückwies.

Der Kläger trägt vor, dass eine umsatzsteuerfreie Gesamtleistung vorliege, da in der Verschaffung des Erbbaurechts am Grundstück mitsamt einem darauf errichteten bzw. zu errichtenden Wohngebäude eine einheitliche Leistung vorliege, die der Grunderwerbsteuer und damit nicht der Umsatzsteuer unterfalle. Es sei re...

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