Entscheidungsstichwort (Thema)
Sacheinlage. einheitliche Beurteilung bei gleichzeitiger Einbringung je eines Betriebes mit negativem und positivem Kapital durch dieselbe Person gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus dem Umstand, dass die Definition der Sacheinlage in § 20 Abs. 1 UmwStG 2002 von einem Betrieb ausgeht, ist zu folgern, dass bei der Einbringung von zwei Betrieben gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Kapitalgesellschaft auch zwei Sacheinlagen vorliegen.
2. Werden in einem einheitlichen Vorgang mehrere Sacheinlagen übertragen, so ist das Wahlrecht des § 20 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2002 und damit auch die Frage, ob eine Aufstockung nach § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG 2002 zu erfolgen hat, für jeden Sacheinlagengegenstand gesondert zu prüfen.
3. Etwas anderes gilt aber dann, wenn durch dieselbe Person in einem einheitlichen Vorgang mehrere Sacheinlagegegenstände übertragen werden. In einem solchen Fall erhält der Übertragende bei gleichzeitiger Einbringung je eines Betriebes mit negativem und positivem Kapital keinen Ausgleich seines negativen Kapitals, soweit dieses bereits durch Verrechnung mit dem positiven Kapital des anderen Betriebes ausgeglichen wird.
Normenkette
UmwStG 2002 § 20 Abs. 1, 2 Sätze 1, 4
Nachgehend
Tenor
1. Der Körperschaftsteuerbescheid für 2004 vom 3. November 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2010 wird dahingehend abgeändert, dass bei der Ermittlung des Gewinns keine Abschreibungen für den Neubau Innere Station in Höhe von EUR 47.730,65 angesetzt werden. Die Berechnung der Körperschaftsteuer 2004 wird dem Beklagten aufgegeben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Körperschaftsteuer 2004, ob die Einbringung zweier Betriebe in die Klägerin einzeln oder getrennt zu bewerten ist.
Die Klägerin war eine mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Januar 1993 gegründete GmbH, deren Gegenstand die Beratung, Planung, Einrichtung, Vermittlung und der Betrieb von Krankenanstalten ist. Alleiniger Gesellschafter war D. D betrieb daneben das Unternehmen D X mit Sitz in P (im Folgenden: D X) – zwischen diesem und der Klägerin bestand eine Betriebsaufspaltung – und das Unternehmen D Y mit Sitz in N (im Folgenden: D Y). Mit notariellem Vertrag vom 26. August 2004 erhöhte der Alleingesellschafter die bisherige Stammeinlage der Klägerin von EUR 25.564,59 um EUR 174.435,59 auf EUR 200.000 mit Gewinnberechtigung ab dem 1. Januar 2004. Die neue Stammeinlage erbrachte der Gesellschafter durch die Einbringung seiner beiden Einzelunternehmen mit allen Aktiva und Passiva. Die Betriebsübergabe fand zum 1. Januar 2004 statt. Die Einbringung erfolgte zu den in der Einbringungsbilanz zum 31. Dezember 1993 ausgewiesenen Buchwerten. Der Einbringungswert der D X betrug lt. Bilanz – EUR 1.065.192,06 und der der D Y EUR 1.456.977,79.
Der Beklagte setzte die Körperschaftsteuer 2004 mit Bescheid vom 30. Dezember 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf EUR 255.372 fest. Das Finanzamt P führte 2006 bei der D X eine Betriebsprüfung durch. Der Beklagte führte bei der Klägerin 2007/2008 ebenfalls eine Betriebsprüfung durch (Bericht vom 30. Juni 2008). Die Finanzämter kamen neben weiteren hier nicht streitigen Feststellungen zu dem Ergebnis, dass lt. den Buchwerten Aktiva der D X in Höhe von EUR 1.581.124,05 und Passiva in Höhe von EUR 2.535.737 in die Klägerin eingebracht worden seien. Aufgrund der in den Vorjahren vorgenommenen Sonderabschreibungen bei dem Neubau Innere Station seien dort stille Reserven in Höhe des Unterschiedsbetrages von EUR 954.612,95 aufzudecken. Die Aktiva seien insoweit zu erhöhen und weitere Abschreibungen für die innere Station in Höhe von 5% des Unterschiedsbetrages, somit EUR 47.730,65, vorzunehmen. Entsprechend dem Ergebnis der Betriebsprüfung änderte der Beklagte den vorangegangenen Bescheid und setzte am 3. November 2008 die Körperschaftsteuer 2004 auf EUR 242.663 fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte am 29. Januar 2010 zurückwies.
Die Klägerin bringt vor, die Buchwerte des Einzelunternehmens D X seien nicht aufzustocken, da die Einbringung der beiden Unternehmen D X und D Y ein einheitlicher Vorgang sei, so dass die eingebrachten Passiva die Aktiva nicht übersteigen würden. Zivilrechtlich habe eine Sacheinlage durch einen Einbringenden gegen Ausgabe eines Anteils vorgelegen. Steuerrechtlich sei eine Einbringung erfolgt, bei der zwischen den positiven und negativen Sacheinlagen ein Ausgleich erfolgen müsse. Da eine Aufteilung in getrennte Anteile und eine getrennte Bewertung ausscheide, greife die ...