Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert für Kündigungsschutzklage und Weiterbeschäftigungsantrag. Wertaddition von Kündigungsschutzantrag und unechtem Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein unechter (uneigentlicher) Hilfsantrag ist auch dann streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn über ihn keine Sachentscheidung getroffen wird; die Beschwerdekammer hält nach erneuter Überprüfung an ihrer bisherigen Rechtsprechung der Streitwertaddition von Kündigungsschutzantrag und unechtem Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung fest; der Weiterbeschäftigungsantrag wird mit einem Monatsgehalt bewertet.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG (§ 19 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.) wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch nur dann mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht; das gilt jedoch nur für den gerichtlichen Streitwert und nicht für den für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblichen Wert, da der für die Rechtsanwaltsgebühren gebührenauslösende Tatbestand bereits mit der Stellung des unechten Hilfsantrags entsteht.

2. Mit dem uneigentlichen Hilfsantrag strebt der Kläger gerade für den Erfolg des Hauptziels ein weiteres und von diesem unabhängiges Ziel an; werden mit einer Klage unterschiedliche Streitgegenstände verfolgt, sind ihre Streitwerte regelmäßig zu addieren.

 

Normenkette

RVG § 33 Abs. 1; ZPO § 3; GKG § 45 Abs. 1 S. 2; GKG a.F. § 19 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Entscheidung vom 02.10.2014; Aktenzeichen 11 Ca 1162/14)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin/Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 02.10.2014 - 11 Ca 1162/14 -

a b g e ä n d e r t :

1. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für das gesamte Verfahren auf 21.200,00 € festgesetzt.

2. Der Beschwerdewert wird auf 228,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Im Ausgangsverfahren machte der Kläger die Unwirksamkeit einer Änderungskündigung und einen allgemeinen Feststellungsantrag geltend und verlangte mit einem uneigentlichen Hilfsantrag seine Weiterbeschäftigung sowie mit einem eigentlichen Hilfsantrag die Erteilung eines qualifizierten Endzeugnisses.

Das Verfahren endete durch einen zwischen den Parteien im Verfahren 13 Ca 4616/13 abgeschlossenen Vergleich vom 08.09.2014 und mit dem u. a. das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30.09.2014 beendet wurde und auch das hier streitgegenständliche Kündigungsschutzverfahren miterledigt wurde.

Der Kläger bezog im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 5.300,00 € (einschließlich der Versteuerung des geldwerten Vorteils der Gestellung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung).

Mit Beschluss vom 02.10.2014 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für die Klage auf 15.900,00 € (drei Gehälter für die Änderungskündigungsschutzklage) festgesetzt. Eine Bewertung des Hilfsantrages lehnte das Arbeitsgericht mit der Begründung ab, dass im vorliegenden Verfahren nicht zur Entscheidung angefallen und auch nicht Gegenstand von Verhandlungen gewesen sei.

Der Beschluss wurde der Klägervertreterin am 16.10.2014 zugestellt, die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 19.10.2014 ging beim Arbeitsgericht Leipzig am 20.10.2014 ein.

Sie wird darauf gestützt, dass ein unechter Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung auch dann werterhöhend zu berücksichtigen sei, wenn, wie hier, darüber nicht gerichtlich entschieden werde.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde der Beteiligten zu 1. mit Beschluss vom 03.11.2014, auf dessen Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird (Bl. 53 Vorder- und Rückseite d. A.) nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 03.12.2014 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers zu dem Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig. Der Wert der Beschwer übersteigt 200,00 €. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG antragsbefugt und hat ihre Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt.

2. In der Sache hat die Beschwerde ebenfalls Erfolg.

Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht den unechten Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung des Klägers bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (vgl. statt vieler: Beschlüsse vom 15.05.1997 - 7 Ta 109/97 -, vom 8.11.2010 - 4 Ta 211/10 - und vom 26.09.2011 - 4 Ta 205/11 -, sämtliche nicht veröffentlicht) sind bei der Berechnung des Gegenstandswertes, soweit neben dem Antrag auf Feststellung, dass eine Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, hilfsweise für den Fall des Obsiegens ein Weiterbeschäftigungsantrag gestellt wird, beide Klageanträge getrennt zu bewerten und zur Berechnung des Gegenstandswertes zu addieren...

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