Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung des Anspruchs auf Weiterbeschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
Vollstreckung des Anspruchs auf Weiterbeschäftigung.
Materiell-rechtliche Einwendungen (z.B. weitere Kündigung. Auflösungsantrag des Arbeitgebers) können nicht entgegengehalten werden. Solche Einwendungen können nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend gemacht werden.
Normenkette
ZPO § 767
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Beschluss vom 12.11.2008; Aktenzeichen 14 Ca 1399/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten/Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 12.11.2008 – 14 Ca 1399/08 – wird auf Kosten der Beklagten/Schuldnerin
Tatbestand
I.
Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 12.11.2008 – 14 Ca 1399/08 – mit dem gegen die Beklagte/Schuldnerin wegen der Nichtbeschäftigung des Klägers/Gläubigers trotz entsprechenden Weiterbeschäftigungstitels im Urteil des Arbeitsgerichts vom 10.07.2008 ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR verhängt wurde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 10.07.2008 festgestellt, dass eine von der Beklagten am 14.03.2008 ausgesprochene ordentliche verhaltensbedingte Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Ferner wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger vertragsgemäß als Sortierer weiterzubeschäftigen.
Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt, welche unter dem Aktenzeichen 6 Sa 498/08 geführt wird, und im Berufungsrechtszug hilfsweise beantragt, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.
Auf Antrag des Klägers/Gläubigers vom 11.09.2008 auf Festsetzung von Zwangsgeld wegen der Nichtbeschäftigung trotz entsprechenden Weiterbeschäftigungstitels in Ziff. 2 des Urteils vom 10.07.2008 hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 12.11.2008 gegen die Beklagte/Schuldnerin ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 EUR, ersatzweise Zwangshaft verhängt.
Der hiergegen seitens der Beklagten/Schuldnerin eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der sie aufgrund des nunmehr gestellten Auflösungsantrages den Weiterbeschäftigungsanspruch für beendet betrachtet, hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
III.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 793, 567, 569 ZPO i. V. m. § 62 Abs. 2 ArbGG zulässig.
2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die Voraussetzungen für eine Vollstreckung gem. § 888 ZPO liegen zwar vor. Das Urteil, aus dem vollstreckt werden soll, ist gem. § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG vorläufig vollstreckbar. Es hat auch einen vollstreckungsfähigen Inhalt, denn es verpflichtet die Beklagte, den Kläger als Sortierer weiterzubeschäftigen. Dem so titulierten Anspruch könnte im Vollstreckungsverfahren nur entgegengehalten werden, dass die Weiterbeschäftigung tatsächlich unmöglich geworden ist, etwa deshalb, weil der Arbeitsplatz weggefallen ist (KR-Etzel, 8. Aufl., § 102 BetrVG Rnr. 292; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 12. Aufl., § 123 Rnr. 169). Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte aus im Tatsächlichen liegenden Gründen gehindert ist, den Kläger weiterzubeschäftigen.
Der nunmehr in 2. Instanz gestellte Auflösungsantrag der Beklagten steht der Vollstreckung hier nicht entgegen. Zwar hat das BAG in seiner Entscheidung vom 19.12.1985 (AP Nr. 17 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) angenommen, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch materiell-rechtlich ab dem Zeitpunkt endet, ab dem eine weitere ausgesprochene Kündigung wirksam werden soll, wenn diese Kündigung nicht offensichtlich unwirksam ist. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber – wie vorliegend die Beklagte – einen Auflösungsantrag nach den §§ 9, 10 KSchG stellt (BAG vom 16.11.1995, AP Nr. 54 zum EInigungsvertrag Anlage I Kap. XIX).
Solche nachträglich entstandenen Einwendungen gegen den durch das Urteil festgestellten Anspruch können jedoch nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO geltend gemacht werden (vgl. auch BAG vom 19.12.1985, a. a. O., Ziff. II 2 d der Entscheidungsgründe). Anders als Etzel in KR, a. a. O., Rnr. 295 annimmt, vertritt das LAG Berlin in seiner Entscheidung vom 14.07.1993 (LAGE Nr. 20 zu § 62 ArbGG 1979) keine hiervon abweichende Auffassung. Das Gericht hatte über einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gem. § 62 Abs. 1 S. 2 ArbGG zu entscheiden und vertrat in diesem Zusammenhang die Meinung, dass nach Wegfall des materiellrechtlichen Beschäftigungsanspruchs bei Vorliegen einer erneuten Kündigung die Durchsetzung des Titels erster Instanz einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Mit der Frage, ob materiell-rechtliche Einwendungen gegen den im Urteil festgestellten Anspruch nicht ausschließlich über § 767 ZPO ...