Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für kumulativ gestellten allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag im vergleichsweise beendeten Kündigungsschutzverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Weiterbeschäftigungsantrag ist auch dann, wenn er nicht als uneigentlicher Hilfsantrag gestellt wurde, stets als solcher auszulegen und nur dann streitwertmäßig zu berücksichtigen, wenn über ihn positiv entschieden ist oder ein Vergleich eine Regelung darüber enthält. Die Beschwerdekammer hält damit an ihrer bisherigen Rechtsprechung nicht länger fest.
2. Ein kumulativ gestellter allgemeiner Weiterbeschäftigungsantrag fällt bei der Bemessung eines Vergleichswerts gemäß § 45 Abs. 4 GKG nicht an, wenn die Parteien im Vergleich keine Vereinbarung getroffen haben, die mit einer gerichtlichen Entscheidung im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG vergleichbar ist. Das ist dann der Fall, wenn (zumindest zeitweise) ein über den Entlassungstermin der angegriffenen Kündigung hinausgehender Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und nicht lediglich der Entlassungstermin der angegriffenen Kündigung vereinbart worden ist.
Normenkette
GKG § 45 Abs. 1 S. 2, Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Zwickau (Entscheidung vom 03.05.2016; Aktenzeichen 6 Ca 489/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers/Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Zwickau vom 03.05.2016 - 6 Ca 489/16 -
a b g e ä n d e r t :
1. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers/Beteiligten zu 2. und des Beklagten/Beteiligten zu 4. wird für das gesamte Verfahren auf 5.400,00 € und für den Vergleich auf 5.500,00 € festgesetzt.
2. Der Beschwerdewert wird auf 212,41 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren wandte sich der Kläger, der seit 02.07.2012 bei der Beklagten als Betonwerker zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.800,00 € beschäftigt ist, gegen eine ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung vom 30.03.2016 zum 30.04.2016 und verlangte für den Fall des Obsiegens mit dem Bestandsschutzantrag, die Beklagte zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen.
Das Verfahren endete durch gerichtlichen Vergleich vom 03.05.2016, wonach das Arbeitsverhältnis durch ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung vom 30.03.2016 mit Ablauf des 30.04.2016 sein Ende fand. Unter Ziffer 2 in diesem Vergleich ist vorgesehen, dass die Beklagte den Kläger bis einschließlich 30.04.2016 abrechnet und für noch nicht erhaltenen Urlaub Urlaubsabgeltung gewährt sowie die Überstunden des Klägers bezahlt.
Auf Antrag beider Parteivertreter hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 03.05. den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren auf 7.200,00 € und für den Vergleich auf 7.500,00 € festgesetzt, wobei es in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts den hilfsweise gestellten Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Monatsgehalt bewertete.
Der hiergegen eingelegten Beschwerde des Klägers vom 06.06.2016, mit der dieser sich gegen die streitwertmäßige Bewertung des hilfsweise gestellten Weiterbeschäftigungsantrags zur Wehr setzt, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 01.07.2016 nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist statthaft (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) und zulässig, da sie ausweislich des Schriftsatzes seines Prozessbevollmächtigten vom 06.06.2016 eine Streitwertherabsetzung zum Ziel hat.
Insbesondere ist die Beschwerde nicht deshalb unzulässig, weil der antragsberechtigte Beteiligte zu 1. - möglicherweise - nicht gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Zwickau Beschwerde eingelegt hat. Denn vorliegend begann die Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG nicht zu laufen, da die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 03.05.2016 eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 9 Abs. 5 Satz 3 i. V. m. Satz 4 ArbGG enthält. Es gilt somit die Jahresfrist (so bereits Sächs. LAG, Beschluss vom 18.09.2006 - 1 Ta 195/06 -). Diese hat der Beteiligte zu 1. hier eingehalten. Der Beschwerdewert von 200,00 € ist vorliegend erreicht.
2. In der Sache hat die Beschwerde auch Erfolg.
Der neben dem Kündigungsschutzantrag hilfsweise gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist weder für den Verfahrenswert noch für den Vergleichswert streitwerterhöhend zu berücksichtigen.
a) Die erkennende Kammer - und ihr folgend das Arbeitsgericht - hat bislang angenommen, dass ein kumulativ gestellter allgemeiner Weiterbeschäftigungsantrag grundsätzlich streitwerterhöhend zu berücksichtigen sei, und zwar unabhängig davon, ob über ihn positiv entschieden worden ist oder nicht (vgl. statt vieler: Beschlüsse vom 01.04.2015 - 4 Ta 275/14 und vom 11.05.2015 - 4 Ta 268/14 -).
b) Daran ...